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ZEIT-Online: Die Deutsche Bank leidet an „inneren Konflikten“. Wohl wahr…

Die Kommentierung der mit dem nun verkündeten Vorstandswechsel vergangenen Phase der Deutschen Bank hat viele Facetten. In der ZEIT sinniert ein Wirtschaftsprofessor und ehemaliger Bankkaufmann durchaus sinnvoll über die Probleme und Herausforderungen…

Der vom 9.6.15 datierende Artikel des Professors für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen Hans-Peter Burgdorf beginnt mit einer schnittigen Headline: „Deutsche Bank: Bitte nicht provinziell!“.  Er stellt dann unter anderem fest, dass es offenbar für eine „in Deutschland verankerte Universalbank mit starkem, international aufgestelltem Investmentbanking“ schwierig sei, „Gewinne zu erzielen, die ihre Aktionäre zufriedenstellen“.

Der „unerfreuliche Wettbewerb“

Die schwierige Ertragslage im Privatkundengeschäft habe, so der Artikel, halt auch mit der „für die Banken unerfreulichen Wettbewerbssituation“ im Kundengeschäft zu tun.

Also auf deutsch: Dass es mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken sehr, sehr viele Häuser gibt, in denen wohl der Großteil der deutschen Bankkunden nach wie vor eine Heimat hat. Aber wie sagte schon Rathenau: „Die Klage über den Wettbewerb ist in Wirklichkeit meist nur eine Klage über den Mangel an Einfällen“. Dabei hatte der Joe Ackermann doch jede Menge Ideen: Der Kauf der Postbank als Schnäppchen mithilfe von – schwieriges Wort – Pflichtnamensumtauschschuldverschreibungenwar hier ein Versuch, sich einen größeren Marktanteil zu kaufen. Aus dem dann aber nicht wirklich etwas gemacht wurde. Wohl auch deshalb, weil die Argumente der börsennotierten Großbank an den Kunden abperlten. Sie kauften nicht wie die Wahnsinnigen irgendwelche zusätzlichen Fonds, sondern behielten ihr Konto halt für die selben Zwecke wie vorher.

In diesem Sinne ist die Klage über den „unerfreulichen Wettbewerb“ (eigentlich seltsam, wo doch der Wettbewerb sonst immer das Allheilmittel für Alles ist…) für den Wirtschaftsprofessor auch nur ein verschmitzt eingebrachtes Nebenthema. Zumal dieses Problem nicht besonders originell ist: Aufgrund der Niedrigzinsen haben derzeit viele Spargeld einsammelnde und Kredite ausreichende Banken dieses Problem. Aktionäre hin oder her… 

Der innere Konflikt

Dann aber arbeitet der Artikel ganz richtig das eigentlich weithin bekannte Problem heraus:

Die Probleme der Deutschen Bank mit Ihren Aktionären hängt eben auch mit den „inneren Konflikten“ zusammen, die sich aus dem „Miteinander von normalem Einlagen- und Kreditgeschäft und globalem Investmentbanking“ ergäben.

Und dann kommt’s in aller Deutlichkeit:

„Investmentbanker handeln und denken anders: Sie sind am kurzfristigen Gewinn orientiert und besitzen mehr Lust am Risiko.“

Und offenbar, so kann man das interpretieren, hätte die Deutsche Bank es eben nicht geschafft, diesen „inneren Konflikt“ aufzulösen weil sie die allzu stark ausgeprägte kreative Gewinnorientierung des Investmentbankings auch beim Geschäft mit den Bankkunden zur Anwendung brachte.

Die Art, mit der das in dem Artikel beschrieben wird, ist so gottvoll, dass man sie einfach zitieren muss:

Herumreisende Verkaufsteams der Bank verkauften den langjährigen mittelständischen Kunden gefährliche Finanzderivate. Deutsche Kunden wurden mit nur scheinbar billigeren Krediten in Schweizer Franken beglückt. Und auf der obersten Ebene handelte die Bank die unseriösen Verbriefungen amerikanischer Hauskredite an Großinvestoren und Kreditinstitute durch, die der Deutschen Bank bisher vertraut hatten.

Herumreisende Verkaufsteams – das klingt schon ein wenig wie „marodierende Banden“, oder? Und weil das offenbar auch die Intention des Wirtschaftsprofessors war, schließt er diesen Teil mit der Feststellung, dass der Kulturwandel das alte Führungs-Duo angestoßen habe, sehr wichtig war.

 

Allerdings müsse halt schon auch gelten: Die Deutsche Bank dürfe zwar einerseits „niemals provinziell werden“ (sagen wir mal wie eine Sparkasse oder Genossenschaftsbank). Denn irgendwie könne Deutschland so eine global aufgestellte Bank schon gut brauchen.

 

Und dann kommt es zum Äußersten: Denn andererseits sollte die Deutsche Bank auch „die Werte des deutschen Wirtschaftssystems“ leben, denn darin stecke „eine wesentliche Leistung für die Kunden“. Damit mache man zwar keine Fabelgewinne mehr. Aber man stelle die Bank halt auf eine langfristig stabile Basis.

Hier stößt der Artikel sachte den Punkt an, über den wir immer wieder mal gerne sprechen: Wie passen das europäische und das angelsächsische System eigentlich zusammen? Einen Konflikt zwischen diesen beiden Systemen gibt es allemal: Die durch den kurzfristigen Gewinn legitimierte Freiheit des Börsenplayers auf der einen Seite und die nachhaltig dienende Funktion der Bank auf der anderen. Das ist schon schwierig zu vermitteln.

Fazit

Ach, irgendwie hat der Wirtschaftsprofessor ja schon Recht. Aber gleichzeitig weiß man auch nicht so recht: Wie soll der innere Konflikt aufgelöst werden, wenn das allgemeine Verständnis von dem, was eine Bank ist, sich am Ende doch wieder nur in Prozenten, Gewinnen, Geld und Zinsen darstellen lässt? Und eben nicht um das, was für uns immer am wichtigsten ist:

Für uns sind Banken eben keine Frage von ein bisschen mehr Geld oder günstigeren Zinsen, sondern ein gesellschaftliches und dienendes Objekt an der Schnittstelle zwischen Menschen und Wirtschaft.

Ach, wenn

- „die Märkte“ doch endlich mal wieder ein bisschen provinziell würden

- die Börsendeals nicht mehr in Nanosekunden ablaufen müssten

- und die Investoren wieder Investoren und keine Dealer mehr wären

… ja, das wäre natürlich was! Aber das wird wohl noch eine Weile dauern.

Und bis dahin wird es für uns Bankkunden wohl tatsächlich heißen:

Wollen wir unser Geld lieber einer Privatbank oder einer Sparkasse oder Genossenschaftsbank anvertrauen? Zum Glück sind wir ja alle das, was wir immer sein sollten:

Mündige Kunden…

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