Das genossenschaftliche Prinzip – das hat schon was für sich.
Acht Fragen an Jürgen Thurau, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank West
Nur noch mal zur Erinnerung. Wir haben in Deutschland ein dreigliedriges Finanzsystem: Privatbanken, Sparkassen – und die regional orientierten Genossenschaftsbanken. Stabil und solide machen sie ihre Arbeit und haben seit jeher ganz strikt die Bedürfnisse ihrer Mitglieder und Kunden im Blick. Das zahlt sich für alle aus: Interessanterweise haben Genossenschaftsbanken am wenigsten unter der Finanzmarktkrise gelitten. Denken Genossenschaftsbänker anders als andere? Was treibt sie an? Wir sprachen mit Jürgen Thurau, dem Vorstandsvorsitzenden der Sparda-Bank West – eine der größten Sparda-Banken in Deutschland – und stellten ihm wie gewohnt acht Fragen …
Frage 1:
Herr Thurau, eine Frage ganz am Anfang: Die Wurzeln der Sparda-Bank West reichen ja bis 1905 zurück. Eisenbahner gründeten in Essen eine „Eisenbahn-Spar- und Darlehnskasse“. Also eine Institution, die auf Gegenseitigkeit basiert – einer hilft dem anderen. Ist die Idee der Genossenschaftsbank denn eigentlich noch aktuell?
Jürgen Thurau: Ja, durchaus! Und nicht nur das. Mit ihren genossenschaftlichen Kernprinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und des Selbstvertrauens ist sie sogar zukunftsweisend. Denn sie verknüpft, unabhängig von Markttrends, perfekt die Vorteile gemeinschaftlichen Handelns mit den Finanzwünschen des Einzelnen. Sie ist also von Haus aus solidarisch. Manche vergleichen die Genossenschaft deshalb mit einem eingetragenen Verein. Das ist zwar nicht ganz richtig, weil Vereine keine Gewinne machen dürfen. Aber wir haben trotzdem nichts gegen den Vergleich. Wir machen zwar Gewinne, aber dieser kommt unseren Mitgliedern und Kunden zugute. Wichtig: Die Mitglieder bestimmen im Grunde genommen über die Aktivitäten und Strategien des gemeinsamen Unternehmens.
Frage 2:
Im dreigliedrigen Bankensystem Deutschlands ist es ja so, dass die einzelnen Säulen des Systems – also die Privatbanken, die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken – sich nicht zuletzt auch durch die Struktur ihrer Eigentümer unterscheiden und sich an deren Interessen orientieren. Die Sparkassen erfüllen für die Kommunen den Auftrag der regionalen Förderung. Die börsennotierten Großbanken blicken auf die Interessen der Aktionäre und des Finanzmarkts. Und welches sind die Interessen, die die Sparda-Bank als Genossenschaftsbank für Ihre Eigentümer verfolgt?
Jürgen Thurau: Als genossenschaftliches Kreditinstitut für Privatkunden folgen wir einer klaren Geschäftspolitik: Wir wollen Mehrwert für Mitglieder und Kunden erzielen. Das heißt: Der Gewinn steht bei uns nicht im Vordergrund. Natürlich müssen auch wir profitabel arbeiten. Aber wir wollen nur notwendige Erträge erwirtschaften. Wichtiger ist es uns, unserem Motto „freundlich und fair“ entsprechend unsere Mitglieder und Kunden beim Vermögensaufbau und bei der Finanzplanung bestmöglich zu unterstützen. Ein gutes Beispiel ist hier unser kostenloses Girokonto, das wir unseren Mitgliedern exklusiv anbieten. Das ist wirklich ein Konto zum Nulltarif mit einer kostenlosen Kontoführung, einer kostenlosen BankCard ec und weiteren Vorteilen.
Frage 3:
Ihre genossenschaftliche Politik könnte man auch als „wenn schon, dann konsequent“ beschreiben. Bei der Sparda-Bank West gibt es diese Vorteile im Normalfall nur dann, wenn man auch einen Mitgliedsanteil kauft. Dieser kostet 52 Euro. Jetzt mal eine schnöde zahlenmäßige Frage: Wie gut ist denn die Verzinsung dieser Beteiligung?
Jürgen Thurau: Aktuell bieten wir eine Dividende von 5,95 Prozent p.a. Das ist eine sehr attraktive Verzinsung.
Frage 4:
Die Mitgliedschaft in einer Genossenschaftsbank ist also – wenigstens vom Prinzip her - nichts anderes als die Aktienbeteiligung an einer Großbank – nur mit einer deutlich anderen Interessenlage?
Jürgen Thurau: Ich möchte es einmal so formulieren: Mit dem Modell der Genossenschaftsbank erfüllen wir persönliche und kooperative Vorstellungen und dies zum dauerhaften Vorteil des Einzelnen und der Gemeinschaft. Und das ist der wesentliche Unterschied. Oder um es mal anders zu formulieren: Man muss bei börsennotierten Banken nicht Kunde sein, um Aktien der Bank zu halten – und umgekehrt kann man auch Kunde sein, ohne Aktien zu halten. Bei uns schon. Dort sind der Anteil und die Arbeit für den Kunden zwei getrennte Welten. Bei uns ist das eine Welt. Dadurch kann es keine Interessenkonflikte geben. Was wir tun, muss gut für alle sein. Das ist unser traditionelles Prinzip. Für uns bedeutet Genossenschaft auch, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
Frage 5: Wie weit geht die Verantwortung für alle? Anders gefragt: Wo engagiert sich die Sparda-Bank West für die Gesellschaft?
Jürgen Thurau: Ich will hier nur mal einige Punkte nennen: Wir bieten sichere Jobs und gute Ausbildungsplätze. Wir unterstützen viele Sportvereine und gemeinnützige Organisationen oder Institutionen in unserer Region, also vor Ort. Im letzten Jahr waren das über 600 in fast ganz Nordrhein-Westfalen. Und mit unserer Stiftung Kunst, Kultur und Soziales haben wir seit deren Gründung 2004 mehr als 150 Projekte gefördert.
Frage 6:
Eine weitere Frage, die sich aufdrängt: Im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise ist in Politik und Medien häufig davon die Rede, dass sich Bankberater nur unzureichend nach den individuellen finanziellen Verhältnissen der Ratsuchenden erkundigen. Wie geht die Sparda-Bank West damit um?
Jürgen Thurau: Einfache Antwort: Unsere Kunden sind jedenfalls zufrieden. Wir betrachten unsere Kunden als Partner und bieten ihnen zu jedem Zeitpunkt die bestmögliche Lösung für ihr Anliegen. Entscheidend dabei ist, dass unsere Mitarbeiter sehr gut ausgebildet sind und sich Zeit nehmen. Man sollte diesen Faktor nicht unterschätzen. Erfolgsdruck ist Zeitdruck. Die Berater der Sparda-Bank West hören dem Kunden ganz genau zu, analysieren seine Situation und besprechen mit ihm seine individuellen Ziele. Unser klares Ziel ist die bedarfsgerechte Beratung der Kunden. Nicht der Gewinn. Jetzt und in Zukunft.
Frage 7:
Man wird in der heutigen Zeit hier durchaus nochmal nachfragen müssen: Ist das nur eine Philosophie oder gelebte Realität?
Jürgen Thurau: Das ist gelebte Realität. Zum Beispiel zahlen wir unseren Kundenberatern bei provisionsgebundenen Angeboten seit Anfang des Jahres keine Einzelprovisionen mehr. Damit heben wir den direkten Zusammenhang zwischen dem Verkauf eines Produktes und der Provision für den einzelnen Berater komplett auf. Unsere Kunden wissen das. Und sie empfinden es als eine zusätzliche Sicherheit, dass die Beratung sich nicht nach möglichen Provisionen, sondern nach seiner individuellen Lebenssituation richtet.
Frage 8:
Hat die Sparda-West oder ihre Kunden in der Finanz- und Wirtschaftskrise auch Federn lassen müssen?
Jürgen Thurau: Nein, im Gegenteil. Wir haben seit 2008 deutlich Marktanteile gewonnen und konnten bei der Bilanzsumme, Mitglieder- und Kundenzahlen und beim Einlagenvolumen deutlich zulegen. Aber damit wir uns richtig verstehen: Wir streben keine kurzfristigen Gewinne an und gehen auch keine besonderen Risiken ein. Denn es geht uns darum, so zu planen, dass die Ertragskraft und die Position unserer Bank und das Kapital unserer Mitglieder und Kunden dauerhaft gestärkt wird.
Herr Thurau, wir danken Ihnen für dieses offene Gespräch!
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