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Covered Bonds und ETC: Alles in Deckung! Oder: Wie sicher ist die Realität?

Am 4.1.11 meldete unter anderem der Spiegel: „Euro-Zone Inflation schnellt auf 2,2 Prozent hoch“. Da geht bei uns Deutschen die Warnmappe an. Kaum zu toppen war allerdings die schon vom 20.2.09 datierende Meldung von Welt-Online: „ Beängstigende Prognose: Deutschland droht Inflation bis zu zehn Prozent“. Mal im Ernst: Warum wird man das Gefühl nicht los, als würden solche Meldungen nur noch dazu dienen, das Kapital entsprechend den Strategien des Finanzmarkts zu kanalisieren? …

Mal sollen wir spielen, mal sollen wir auf das setzen, was uns als „sicher“ verkauft wird. Zertifikate, Gold, Rohstoffe, Aktien. Und neuerdings lesen wir immer häufiger über Finanzmarkt-Produkte, die vordergründig sehr sicher daher kommen – die aber unterm Strich so richtig gefährlich werden können: Covered Bonds oder Exchange Traded Commodities. Alles Anlageformen, die schön traditionell daherkommen, weil sie ja noch über echte Werte abgesichert sind. Plötzlich ist alles ganz doll sicher? Obacht!

 

Wir sollen das nur glauben. Was steckt dahinter? Wir haben uns darüber mal ein paar Gedanken gemacht. Und dabei haben wir festgestellt: Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben…

 

Hinführung

 

Es ist schon so: Wir alle verdienen mehr oder weniger viel Geld. (Fast) die ganze Welt nutzt Geld, um damit Waren zu tauschen. Das Problem ist: Wenn wir nicht jeden Monat alles Geld ausgeben, sind wir gezwungen, eine Entscheidung zu treffen: Plötzlich wird aus Geld, das wir zum Leben brauchen, etwas anderes: Kapital. Was tun wir damit?

 

Mit dem Wohlstand kommt die Angst: Wir haben gelernt, dass es Inflation gibt - dass das Geld also immer weniger wert wird. Das ist eine alte deutsche Angst, die sich über fast ein Jahrhundert wegen der Hyperinflation von 1923 in das deutsche Gedächtnis einbrannte. 1 US-Dollar entsprach damals 4,2 Billionen Mark. Die Älteren unter uns können sich noch an die alten Geldscheine erinnern, die bei den Großeltern in alten Truhen oder Schatullen zu finden waren. „Eine Milliarde Mark“ stand da drauf. Und dafür bekam man, so hieß es dann immer, gerade mal einen Laib Brot...

 

Das will natürlich gerade in Deutschland keiner mehr erleben. Deshalb, so haben sie es uns über ein Jahrzehnt lang eingeblasen, sollen wir zusehen, dass wir es irgendwo hingeben, wo es nicht an Wert verliert, sondern ordentlich an Wert gewinnt. Einfach gesagt: Damit wir auch nächstes Jahr oder in zehn Jahren noch genauso viele Brötchen und Schnitzel für unser Geld bekommen wie heut. Oder vielleicht sogar ein paar Brötchen und Schnitzel mehr. Auch wenn das Brötchen dann eben keine 50 cent, sondern 70 cent kostet. Im Prinzip ok. Solange es keine Milliarde ist...

 

Dafür gab es dann das Geschäftsmodell der Banken. Sie sammelten Geld ein und liehen es wieder aus. So hatte jeder was davon: Wir konnten uns die Brötchen von morgen sichern, wir bekamen Kredite, um uns Häuser zu kaufen und keine Miete mehr bezahlen zu müssen - und die Banken bekamen für de Organisation dieses Austauschs von Geld einen Teil des Geldes ab - genug, um davon ihre Mitarbeiter zu bezahlen. Das passte alles ganz prima.

 

Aber irgendwann hat sich die Welt dann geändert. Es ging nicht mehr um die Brötchen vom nächsten Jahr. Sondern nur noch ums Geld. Ein großes Spiel ums große Geld. Alle sagen sie uns, dass wir da mitspielen sollen – dass wir es müssen, weil es ja die Inflation gibt und weil ja die Renten nicht sicher sind. So floss immer mehr und mehr Geld in den Kapitalmarkt. Und der merkte irgendwann, dass wir vergessen haben, welchen Zusammenhang es zwischen Geld und den Brötchen vom nächsten Jahr gibt. Dann kam die Finanzkrise. Dann erst die Schockstarre. Aber irgendwie musste das ganze Kapital ja angelegt werden. Am besten natürlich „sicher“. Für eine Zeitlang wenigstens. Und so begannen sie das Spiel, dem wir nun wieder zusehen dürfen.

 

Covered Bonds

 

Am 5.1.11 schreibt Das Handelsblatt unter der Headline „ Pfandbriefe und Covered Bonds: Banken starten mit neuen Anleihen durch“:

 

„Der Markt für mit Hypotheken und Staatskrediten gedeckten Anleihen ist zum Jahresauftakt kräftig in Schwung gekommen. Gleich zehn europäische Banken buhlen seit Dienstag mit dem Verkauf von großvolumigen deutschen Pfandbriefen und vergleichbaren internationalen Covered Bonds um die Gunst der Investoren. Damit testen die Banken den Appetit der Anleger zunächst mit den gedeckten Papieren, die sicherer als ungedeckte Anleihen sind.“

 

Die Kernaussage: „Gedeckte Papiere sind sicherer als ungedeckte.“ Verkaufen nach Schema F: Ihr wollt Sicherheit? Hier kriegt Ihr Sicherheit. Aber was sind Covered Bonds genau? Das ist nicht zuletzt deshalb schwer präzise zu sagen, weil das auch das European Covered Bounds Council noch nicht so ganz genau weiß. Klar ist im Grunde nur, dass sie sich im Prinzip verhalten wie der gute alte deutsche Pfandbrief: Es sind also Schuldverschreibungen, die nicht nur vertraglich, sondern gesetzlich geregelt sind. Allemal geht es dabei darum, dass das geliehene Geld von einer Bank verliehen werden muss und dass der Pfandbrief-Käufer im Notfall auf das komplette Vermögen der Bank zugreifen kann. Deshalb werden sie als besonders sichere Anlageformen betrachtet. Durchgriff auf die Realität, auf reale Werte? Sollte der Finanzmarkt wieder vernünftig geworden sein und reale Werte wieder als Fixpunkt seines Handelns erkannt haben? Wohl nicht. Leider nicht. Allerdings kann laut dem European Covered Bound Council auch die vielgepriesene direkte Durchgriffsmöglichkeit hintergangen werden:

 

In most covered bond structures, the bond is issued by a credit institution, giving investors direct full recourse to the credit institution’s full resources. In some structures, however, the covered bond is issued by a special purpose entity (SPE), which on-lends the proceeds to a credit institution (whether by making a loan or buying a bond). This provides bondholders with full recourse to the underlying credit institution, albeit indirectly, through the SPE. For investors subject to the BCD, only covered bonds issued directly by a credit institution qualify for preferential risk weightings.

 

Liest man diese Ziele aufmerksam, dann stellt man fest, dass die gesetzlichen Regelungen ganz offenbar noch sehr viel Luft für Spielereien haben. Der Begriff „Special Purpose Entities“ erinnert wohl nicht zufällig an den Begriff „Special Purpose Vehicles“ – also an die Instrumente, mit denen der Immobilienmarkt durch Verbriefungen an die Wand gefahren wurde. Also merken wir uns diesen Spezialbegriff am besten schon mal – vielleicht werden wir ihn irgednwann noch öfter zu lesen bekommen...

 

Vor allem aber gilt bei Covered Bonds, so weiss auch das European Covered Bonds Council, dienen sie den Banken als billige Refinanzierungsmöglichkeit:

 

„The issuance of covered bonds enables credit institutions to obtain lower cost of funding in order to grant mortgage loans for housing and non-residential property as well as, in certain countries, to finance public debt.“

 

Das sieht laut Handelsblatt auch Bernd Volk von der Deutschen Bank (natürlich) so:

 

"Die vielen Emissionen kommen nicht überraschend, da die Banken einen hohen Refinanzierungsbedarf haben." Laut Volk sind Covered Bonds dabei eine willkommene Möglichkeit für Banken, die Refinanzierungskosten niedrig zu halten. Banker prognostizieren den Refinanzierungsbedarf über größere Covered Bonds in diesem Jahr auf bis zu 200 Milliarden Euro.“

 

Soviel also im schnellen Durchmarsch zu den jetzt plötzlich auf dem Schirm erscheinenden Covered Bonds. Sie suggerieren dem Markt Sicherheit und stillen sein Bedürfnis danach. Man darf gespannt sein, wie lange sie gepusht werden – um dann wieder von anderen Anlageformen ersetzt zu werden. Rein und Raus – und jedes Mal wird Geld verdient...

 

Exchange Traded Commodities

 

Nächstes Thema, bei dem mit Sicherheit gedealt wird: Die sogenannten Exchange Traded Commodities – auch total sichere Anlagen. Denn sie sind mit physischen Rohstoffen hinterlegt. Jawohl! Und so gibt es einen Run auf alles was sicher genannt werden kann und bei drei nicht auf dem Baum ist. So liest man im Handelsblatt vom 5.1.11 in dem Artikel mit dem auch schönen Titel „Das doppelte Spiel der Banken“:

 

„In den vergangenen sechs Monaten hat der Kupferpreis um knapp 50 Prozent zulegt - auch, weil die Finanzbranche das große Geschäft wittert. Auf die Frage nach den Gründen für den Rekordpreis bei Kupfer haben die Experten der Banken schnell eine Antwort parat: weil sich die Weltwirtschaft erholt, steigt die Nachfrage nach dem Industriemetall, besonders in den aufstrebenden Schwellenländern wie China und Indien. Das treibe die Preise, sagen die Analysten. Doch daneben gibt es einen weiteren Grund, über den die Banker weniger gern sprechen. Sie selbst mischen im Rohstoffpoker mit - und sorgen dafür, dass Kupfer auf dem Weltmarkt knapp wird.“


Dass Großbanken mit allem spielen, was in irgendeiner Weise in ein Derivat zu verwandeln ist, sollte bekannt sein. Der Punkt, der hier bemerkenswert und fatal zugleich, ist ein anderer: Um Sicherheit vorzutäuschen sind ETC (Exchange Traded Commodities) für Kupfer mit physisch gelagertem Kupfer „gedeckt“. Die Folge: Die für die Realwirtschaft verfügbaren Vorräte werden knapp. Der Preis steigt. Dazu gibt's Absicherungsgeschäfte. Logisch wie immer. So schreibt denn auch das Handelsblatt analytisch: „Je stärker die Preise schwanken, ums...o besser verdienen die Geldhäuser. (…) Die Bank gewinnt - so oder so.“

 

Fazit 

Nein, der Finanzmarkt ist nicht zur Realität zurückgekehrt. Er bedient sich ihrer lediglich als Symbol für Sicherheit - jetzt wo die Investoren nach Sicherheit rufen.

 

Hierin liegt eine wirkliche Gefahr. Was, wenn er sie mit in den Orkus zieht, wenn der Bogen das nächste mal überspannt wird?

 

Jetzt kommt es eben drauf an: Wenn man wissen will, was man selbst will, sollte man sich am besten fragen: Wo soll ich denn mein Geld hinbringen, wenn doch eh alles global ist?

 

Da hilft wohl nur eines: Man muss sich fragen, wie die Anbieter von Geld-Dienstleistungen denken. Welches sind ihre Ziele? Und was tun sie für mich?

 

Schauen wir es uns einfach an:

 

Leitlinien von Banken

 

Beginnen wir mit den „Leitlinien der Sparkassen für eine nachhaltige Geschäftspolitik im Interesse der Kunden und der örtlichen Gemeinschaft“ vom Juli 2008. Sie sagen folgendes:

 

„Mit ihrer Geschäftsphilosophie nehmen Sparkassen (…) Verantwortung für unsere Gesellschaft wahr. Die besondere Bindung an das wirtschaftliche Wohlergehen der Regionen und aller Teile der Bevölkerung stellt sicher, dass Sparkassen ihren Erfolg nicht gegen die Interessen ihrer Kunden suchen. Dies gewährleistet nachhaltiges Wirtschaften, das einer zu einseitigen Ausrichtung an kurzfristigen Kapitalmarktinteressen langfristig deutlich überlegen und im Interesse der Menschen in der Region ist.“

 

Die teilverstaatlichte Commerzbank schreibt auf ihrer Website über sich:

 

Die Zufriedenheit unserer Kunden steht im Mittelpunkt unserer Aktivitäten. Dafür setzt sich die Commerzbank uneingeschränkt ein und daran misst sich unser Erfolg.

 

Keine Rede also über Gemeinwohl, Gesellschaftlichkeit oder ähnlichen sozialromantischen Firlefanz. In Anlehnung an Rambo könnte man sagen: „Ihr seid die Kunden, wir sind die Medizin.“

 

Um das ganze zu konterkarieren, betrachten wir jetzt einmal Die Deutsche Bank. Sie sagt in ihrer Leitlinie:

 

„Wir wollen der weltweit führende Anbieter von Finanzlösungen sein und nachhaltig Wert schaffen – für unsere Kunden, unsere Aktionäre, unsere Mitarbeiter und für die Gesellschaft als Ganzes.

 

Unser Leitbild gibt unserem Geschäftsmodell eine klare Ausrichtung. Grundlage unseres Leitbildes ist unsere Marke. Jede große Marke hat einen eindeutigen Kern – eine zentrale Idee, die sie prägt und trägt. Diese Idee drückt aus, wofür man steht.

 

Sie ist Richtschnur und Maßstab für alle Aktivitäten – von den Produkten über den Service, das Handeln der Mitarbeiter bis hin zur Kommunikation des Unternehmens. Die Idee, die die Marke Deutsche Bank prägt, ist stark und unmissverständlich.“

 

Ja, so hat eben jeder seine Ziele. Und bis auf das Säbelrasseln klingt das ja auch ganz nett. Allerdings gibt es eben auch Dinge, die man lieber nicht lesen (schlecht für die Augen). Zum Beispiel die Art wie Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann die Schwerpunkte dieser Leitlinie bei der Aktionärsversammlung der Deutschen Bank am 27.5.10 ein wenig gerade rückte:

 

Sie, meine sehr geehrten Aktionärinnen und Aktionäre, können sich in Einem jedenfalls sicher sein: Unsere primäre Verantwortung gilt immer Ihrer Bank.

 

Ja, das schon eher...

 

 

Fazit

 

Das war nun wieder ein längerer Marsch durch die institutionalisierte Gewinnsucht. Wir begannen bei Inflationsmeldungen, sprachen über die Angst der Deutschen vor Inflation, kamen dann zum Aspekt der Sicherheit – und stellten fest, dass der Finanzmarkt längst die passenden Produkte dafür hat. Produkte allerdings, die durch ihr Näherrücken an die Realität auf die Dauer zu Zeitbomben werden können. Wenn nicht irgendwann wieder Leitlinien dazu kommen, die nicht mit dem Säbel rasseln und von Erfolg salbadern. Sondern sich dem Gemeinwohl unterwerfen. Und wenn es nicht ohne geht, wird die legislative Vernunft über kurz oder lang dann halt doch einfach einiges verbieten. Entweder weltweit oder bei den G20 oder in Europa oder halt nur in Deutschland. Dann werden Banken und Finanzmarkt zwar wieder ganz schön langweilig sein. Aber damit könnte man ja leben.

 

Was können wir bis dahin tun? Wir sollten unsere Bänker beim nächsten Besuch einmal fragen, was sie Exchange Traded Communities und der Spekulation auf Rohstoffe halten. Und ob es denn im Finanzmarkt überhaupt Sicherheit geben kann – und wenn ja, dann wie viel.

 

Wie immer darf dann gelten: Wenn uns die Antworten gefallen, bleiben wir bei der Bank. Und wenn nicht, orientieren wir uns an den Leitlinien...

 

Noch etwas? Ja klar, wenn Ihr Lust habt, könnt Ihr

 

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Wir freuen uns über alles, was ihr tut. Weil das allen helfen würde. Und ganz ehrlich: uns auch!

 

 

 

 

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