Co-Chef der Deutschen Bank Jürgen Fitschen: "Banken haben eine dienende Funktion."
Im Handelsblatt: „Vom Nutzen der Banken“ 2.9.15) wird Deutsche Bank-Chef Jürgen Fitschen einen kritischen Blick auf… ja worauf eigentlich?…
Der Artikel, den Jürgen Fitschen geschrieben hat ist lang. Ein Rundumschlag – oder Befreiungsschlag – in dem er erklärt, warum Banken „in einer freien Marktwirtschaft, die als Garant unserer Stabilität und Freiheit gilt“, generell wichtig sind. Dann räumt er erstmal auf: Eine Bank sei nicht „bereits dann erfolgreich, wenn ihre Finanzkennzahlen stimmen“ würden. Transparenz, Nachhaltigkeit und Ehrlichkeit hätten heute einen noch höheren Wert als in der Vergangenheit. Aber natürlich müssten Banken auch Geld verdienen.
Und dann kommt dieser Satz:
„Darum ist es auch kein Widerspruch, dass Banken eine dienende Funktion haben und gleichzeitig profitabel sein können, ja müssen.“
Der Deutsche Bank-Chef spricht von der dienenden Funktion der Banken! Das wir das noch erleben durften. Darüber sprechen uns schreiben wir schon seit Jahren. Allerdings schreibt Fitschen nicht, wem genau eine Bank dienen sollte – und tatsächlich dient. Dazu am Schluss noch mehr…
Und wie ist es mit den zahlreichen Manipulationen von Interbanken-Zinsen, Zertifikaten oder mit dem Anteil, den die Deutsche Bank an der Subprime-Krise hatte? Natürlich nimmt er auch darauf Bezug – allerdings nur indirekt:
Mensch oder System – wer ist schuld?
Dass die Banken ins Kreuzfeuer der Kritik geraten seien, liege „auch“ daran, dass es „wie in allen Unternehmen Menschen gibt, die ihre Arbeit fahrlässig oder auch vorsätzlich schlecht erledigen.“ Das klingt wie: Kann ja mal vorkommen. Das Problem bei Banken sei halt, dass Fehlentscheidungen oder gar Manipulationen hier oft dramatische Folgen haben könnten. Kein kritisches Wort über das System, das diese Menschen steuert, ihnen eine Denkweise vorlebt, Handlungsziele vorschreibt und mit Provisionen und Boni schmackhaft macht. Nein, nein es sind nur einzelne Menschen, die das alles gemacht haben. Also wirklich, Herr Fitschen. Ein wenig mehr Selbstkritik wäre schon gut gewesen. Und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich auch die Politik gerne mit einer erfolgreichen Deutschen Bank schmückte. Irgendeinen Grund muss es ja gegeben haben, dass der ehemalige Deutsche-Bank-Chef seinen Geburtstag 2009 im Kanzleramt feierte…
Verantwortung ist keine Frage der Größe
Die Schuld auf das Vergehen einzelner Menschen zu schieben, wirkt auch vor dem Hintergrund des einen Monat vorher im Handelsblatt erschienenen Artikels„Too big to fail”: Groß, größer, Deutsche Bank“ (6.8.15) schon zynisch. Dort wird die Deutsche Bank als eine der wichtigsten – und für die Weltwirtschaft risikoreichsten Banken der Welt genannt. Bemerkenswert in diesem Artikel ist ein Satz: „Bei der Komplexität befördert das umfangreiche Derivategeschäft die Deutsche Bank auf Platz drei;“ Die Deutsche Bank liege dadurch bei den „wichtigsten“ – also gefährlichsten Banken der Welt auf Platz 4.
Soll es nun tatsächlich so sein, dass man diese „Menschen“ – trotz dieser immensen Verantwortung für die Weltwirtschaft nicht habe kontrollieren können? Wer will das glauben? Natürlich machen Menschen Fehler – es ist menschlich, zu irren. Ist irren auch systemisch?
Jede Bank hat „Shareholder“
Dass Jürgen Fitschen bei diesem langen Artikel mit keinem Wort auf den Aspekt der Gewinnmaximierung eingeht, der von den Investoren ausgeht, die ihrerseits wieder vom System des Profits um jeden Preis angefixt sind, ist das Manko dieses Artikels. Um es mal so deutlich zu sagen: Die Subprime-Krise und die Gefährdung der Weltwirtschaft wurde von börsennotierten Großbanken ausgelöst, für die Kapital nur Liquididät und Spielmasse war, um sich möglichst effizient zu bereichern. Das System redete sich auf „die Märkte“ heraus, die das ja erforderten.
Dabei gilt: Jede Bank gehört irgendwem. Die Frage ist, wie groß die Nähe der Eigentümer zu ihrer Bank ist und welche Ziele Eigentümer / Shareholder und das Unternehmen verfolgen. Ein Thema, das derzeit ja gerne auch vom Handelsblatt diskutiert wird:
• Die Sparkassen gehören mehrheitlich den Kommunen
o Sie engagieren sich für ihre Regionen und Kunden, die auch Bürger ihrer Kommunen sind. Und in ihren Satzungen steht deshalb: „Profitmaximierung ist nicht das oberste Ziel“. Die Kommunen wollen für ihre Anteile natürlich auch eine Rendite ausgeschüttet bekommen. Wie hoch diese Rendite sein sollte, wird derzeit angesichts klammer Haushaltskassen vieler Kommunen diskutiert.
• Die Genossenschaftsbanken gehören ihren Mitgliedern
o Sie engagieren sich für ihre Mitglieder, die auch ihre Kunden sind. Der Gewinn, der gemacht wird, wird von den Kunden erwirtschaftet. Die Gewinne gehen zum Teil in Form von Dividenden an die Mitglieder.
• Und börsennotierte Banken gehören wem?
o Laut einem Bericht der Deutschen Bank zur „Aktionärsstruktur“ hielten Privatanleger im Jahr 2014 gerade mal 20% am Grundkapital die übrigen 80% liegen bei institutionellen Investoren. Wo ist da die Anbindung? Wer dient wem wobei?
Fazit:
Das Fazit zu diesem Artikel von Jürgen Fitschen – der im Handelsblatt übrigens leider nur im Premium-Bereich komplett zu lesen ist – fällt kurz aus. Fitschen erklärt seine Denkweise wie immer logisch und rational. Dass Banken dienen, wird genauso zwingend hergeleitet, wie damals die Notwendigkeit des Dealens mit Rohstoffen oder Streubomben – das Mantra waren damals „Liquidität und Preisfindung“. Wäre das neue Mantra das Dienen, wäre schon manches gewonnen. Allerdings bliebe die Frage: Wem dienen Großbanken?
Was fällt einem dazu noch ein? Naja, vielleicht dieser eine Satz von André Malraux:
„Der Mensch ist, was er versteckt. Ein jämmerlicher kleiner Haufen Geheimnisse “
Oder im Original: «Pour l'essentiel, l'homme est ce qu'il cache: un misérable petit tas de secrets»
Kommentar schreiben