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Wie WELT-Online wieder einmal die Chance verpasste, regionale Banken zu würdigen…

WELT-Online schreibt einen Artikel über die Sparkassen – und grenzt sie mal so richtig von den Großbanken ab: „Kleine Banken leben davon, das Geld ihrer Sparer verzinst zu verleihen.“ Damit trifft die WELT die volkswirtschaftlich dienende Funktion der regionalen Häuser technisch gesehen auf den Punkt. Allerdings nur, um ein Problem draus zu machen…

Oberflächlich betrachtet geht es in diesem Artikel („So schlecht geht es den kleinen Sparkassen wirklich“, 18.9.15) um die möglichen Folgen einer noch länger andauernden Niedrigzinsphase. Basis des Artikels ist die Veröffentlichung einer Studie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) („Ertragslage und Widerstandsfähigkeit deutscher Kreditinstitute im Niedrigzinsumfeld“, 18.9.15) über die Einschätzung der Banken in Deutschland zu diesem Risiko. Und leider bleibt es bei dieser Oberflächlichkeit…

Worum hätte es gehen können?

Der Vorgang, mit dem sich die BaFin-Studie befasst, lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Die volkswirtschaftlich so wichtige dienende Kernfunktion der regionalen Häuser ist es, Spargeld in der Region aufzusammeln und in Form von Krediten wieder in der Region zu verteilen. Damit sorgen sie für die Stabiliät und Wirtschaftkraft der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland.
  • Bei der in Deutschland üblichen Geldanlage in Tages- oder Festgeld und umgekehrt auch bei der Vergabe z. B. von Immobilien-Krediten wird die geleistete Arbeit von den Banken „provisionsbasiert“ abgerechnet. Die Bank erhält einen Teil des Zinssatzes, der jeweils aktuell ist.
  • Das heißt schlicht: Sind die Anlage- und die Kreditzinsen klein, kann auch der die Provision nur klein ausfallen. Die Kosten der Bank bleiben aber die selben. Ergo kann sie entweder weniger Gewinn machen – oder sogar in die Verlustzone geraten.

Um diese Zusammenhänge dreht sich also die Studie der BaFin, bei der 1500 kleine und mittelgroße Banken in Deutschland zu ihrer Einschätzung der Entwicklung in den nächsten vier Jahren befragt wurden. (Kurze Anmerkung: Die BaFin beschäftigt sich nur mit den „weniger systemrelevanten“ Banken, weil die Kontrolle der Großbanken aufgrund der letzte Krise nicht mehr bei ihr, sondern bei der europäischen Zentralbank liegt.)

Was sagt die BaFIN: Kosten runter, Gebühren rauf!

Und damit beschäftigt sich auch der Artikel in WELT-Online. Unter anderem zitiert er auch Andreas Dombret, den Chef der BaFin. Sinngemäß: Die Banken hätten um sich vor zu großen Verlusten zu schützen, drei Möglichkeiten: Sie könnten

  • ihre Erträge unabhängig vom Zinsniveau durch höhere Provisionseinnahmen steigern
  • durch höhere Gebühren für entsprechend höhere Einnahmen sorgen.
  • Ihre Kosten zum Beispiel durch Filialschließungen senken

Dennoch, so zitiert die Presse-Meldung der BaFin zu ihrer Studie („Ergebnisse der Umfrage zur Ertragslage und Widerstandsfähigkeit deutscher Kreditinstitute im Niedrigzinsumfeld“, 18.9.15) ihren Exekutivdirektor Bankenaufsicht Raimund Röseler: Es gäbe aber auch einen beruhigenden Aspekt – „Die meisten Banken haben mittlerweile genügend Speck angelegt, um die Niedrigzinsphase überstehen zu können“. So sagt dann auch der Artikel in WELT-Online: Allerdings zeichne sich nach Ansicht der Aufseher bislang kein Bankensterben in großem Stil ab. „Selbst im strengsten Stresstest-Szenario werde die Lage allenfalls für eine zweistellige Zahl von Instituten existenzbedrohend.“

Wer hat das Problem verursacht?

So gesehen könnte man eigentlich resümierend sagen: Die regionalen Häuser und ihre Kunden haben an der Ursache der Niedrigzinsphase sicherlich keinen Anteil gehabt. Ihr Geschäftsmodell war nie, Kredite mit Verlaub hirn- und verantwortungslos auszureichen um sie zum Zwecke der Profitmaximierung direkt wieder in Zweckgesellschaften einzulegen und zu verkaufen. Sie haben deshalb auch keinen Anteil an der Subprime-Krise und den massiven Folgen erst für die Weltwirtschaft und dann für die Kreditwirtschaft. Dennoch müssen die regionalen Banken und ihre Kunden die Folgen der von auf Profitmaximierung getrimmten börsennotierten Großbanken verursachten Krise und des Niedrigzinses heute tragen. (Besonders absurd: Dem Artikel ist ein Erklär-Video beigefügt. Dort lernen wir: Der Niedrigzins führe dazu, dass Banken sich von der EZB günstig leihen könnten. Als Beispiel wird genannt: Die Deutsche Bank…)

Also: Wenn Ihre Bank also heute die Gebühren erhöht oder Filialen schließt, ärgern Sie sich nicht über Ihre Bank, sondern bedanken Sie sich bei „den Märkten“.

Fazit:

Kein Wort über diese Zusamenhänge in dem Artikel bei WELT-Online. Und überhaupt: Seit Jahren nehmen wir wahr, dass die bundesweiten Medien die Banken immer alle über einen Kamm scheren und keinen Unterschied zwischen regional orientierten Sparkassen und Genossenschaftsbanken und börsennotierten Privat- und Großbanken zu machen. Obwohl das doch wirklich sehr viel Sinn machen würde. Die regionalen Häuser kommen meist nur einmal im Jahr ins bundesweite Licht der massenmedialen Öffentlichkeit: Wenn Finanztest die Dispozinsen vergleicht. Man fragt sich manchmal wirklich, welche Agenda hinter solchen Artikeln steht…

Diesbezüglich noch eine eher amüsante Kleinigkeit. 2012 meldete das ManagerMagazin („ERSTMALS ROTE ZAHLEN: Niedrigzinsen bedrohen Stiftung Warentest“, 28.10.12)dass die Stiftung Warentest zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen Verlust machte. Der Grund dafür? Die niedrigen Zinsen…

 

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