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Die Sprache des Geldes. Oder: Finanzielles Analphabetentum– wie schreibt man eigentlich „anständig“?

Die amerikanische Businessweek machte es schon am 22. Juli 2009 vor: Die Mehrheit der Amerikaner, so hiess es unter der Headline „The New Financial Illiteracy“  (der neue finanzielle Analphabetismus), seien in Bezug auf finanzielle Fragen funktionale Analphabeten. Heute, am 14.6.2010 zieht die Süddeutsche mit der Headline „Es gibt ein finanzielles Analphabetentum“ nach.  Bleibt die Frage: Wer will die Sprache des Finanzmarkts lernen?

Ganz früher mal gabs in Deutschland ja eine TV-Serie: „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“. Um die Menschen zu schützen, wurden die Tricks von Tricksbetrügern ausführlich beschrieben. Echtes Bildungsfernsehen mit Show-Effekt. Wer damals noch eher jünger war, guckte mit ironischer Distanz zu, wie die Omas um ihre Ersparnisse gebracht wurden,. Denn einem selbst konnte so was ja nicht passieren. Und jetzt sind wir also offenbar wieder an diesem Punkt: Da sind Nepper- Schlepper, Bauernfänger unterwegs, die den Menschen FInanzprodukte verkaufen, die sie nicht brauchen oder die ihnen nicht gut tun. Und es braucht jetzt, so der in der Süddeutschen interviewte Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann, wieder Aufklärung:

Die Basiskompetenz, komplizierte Transaktionen und dann auch finanzielle Absicherungen im Laufe des Lebens genau einzuschätzen, lässt sehr zu wünschen übrig. Es gibt für die ganze Bevölkerung ein finanzielles Analphabetentum - das gilt leider auch völlig uneingeschränkt für die jüngere Generation.

Liegt die Wende der Not tatsächlich darin, dass wir die falsche Denkweise lernen, damit wir sie nachher gut fundiert ablehnen können?

Wie immer lohnt es sich, ein wenig länger nachzudenken ....

Do you speak money?

Das waren noch Zeiten, als es nicht nur ums Geld ging. Und wenn überhaupt, waren „Millionen“ die großen Zahlen – und nicht „Milliarden“ oder gar „Billionen“.  Wie lange ist es jetzt her, dass ein Finanzminister Blüm sagte: „Die Rente ist sischa!“. Und seitdem sagte man uns: Neinnein! Die Rente ist keineswegs sicher – Ihr müsst unbedingt Versicherungen abschließen! Und das haben wir dann ja auch gemacht. Und die Versicherungen nahmen das Geld. Immer mehr Geld. Sie mussten es nach den vorgegebenen Regeln irgendwie anlegen. Zwar renditeorientiert, aber doch sicher. Da hatte am Ende auch der Kapitalmarkt viel Freude dran. Wer sich erinnert: Die Mannheimer Versicherung hatte sich im Jahre 2003 mal verzockt und musste Insolvenz anmelden. Aber das Debakel für die Kunden blieb aus, weil sich die anderen Versicherer solidarisch zeigten. Sie glichen den Verlust mit ihrer Auffanggesellschaft „Protektor“ aus.

Auch damals hätte man fragen können: Was hätten die auf Anraten von Politik und Markt nunmehr Lebensversicherten da wissen müssen? Waren die zu blöd um vorher zu merken, dass sich ihre Versicherung verzockt?

Grammatik gelernt...

Nein, wir haben die Grammatik der Kapitalwirtschaft, schön brav gelernt. Wenigstens in Grundzügen:

Erste Person Singular: Ich will mehr!

Zweite Person: Singular Du musst mehr wollen!

Dritte Person Singular: Er / Sie muss sehen, wo er / sie bleibt

Erste Person Plural: Wir spekulieren, um zu gewinnen!

Zweite Person Plural: Ihr müsst Geld haben, um wer zu sein.

Dritte Person Plural: Sie sollen sehen, wo sie bleiben.

Fazit: Wie schreibt man das Wort anständig?

Ja, es ist heute schwer, für seine Rente vorzusorgen, ohne dabei mit dem Kapitalmarkt in Berührung zu bekommen. Allerdings erscheint es noch relativ leicht, langfristige Zukunftsvorsorge nicht mit kurzfristiger Spekulation zu verwechseln.

Der genannte Sozialwissenschaftler Hurrelmann meint dazu in der Süddeutschen:

Mein eigenes Beispiel mit dem Bausparvertrag zeigt den Weg. Junge Leute sollten solche Anlageformen wählen, die sie selbst verstehen und die ihnen sinnvoll für den unmittelbar vor ihnen stehenden Lebensabschnitt erscheinen. Angebote für die Altersvorsorge hingegen, so wünsche ich mir das, sollten eher von den Unternehmen kollektiv an sie herangetragen werden.

Es ist eigentlich schade oder zu kurz gesprungen, dass der einzige Ausweg aus der Nepperei und Schlepperei des Turbokapitalismus eine Kanalisierung der Altersvorsorge über die Unternehmen sein soll. Das ist allein schon deshalb schade, weil dann wieder riesige Summe zusammenkommen, die (in) die Wirbel des Kapitalmarkts locken. Kann man niemandem mehr trauen? Oder vielleicht doch noch?

Nach wie vor halten in Deutschland ja Geldinstitute den größten Marktanteil, die allein schon von ihren Satzungen und Gesellschafterstrukturen dem Wohl ihrer Kunden verpflichtet sind: Die Sparkassen und Volksbanken, etc.

Wer sicher gehen will, dass er da gut aufgehoben ist, sollte seinen Bankberater einfach fragen,

-          ob und wie viel Provision er selbst für den Abschlus einer Versicherung, einer Geldanlage, eines Spar- oder Kreditvertrags bekommt

-          ob er diese Anlage, diese Versicherung oder diesen Vertrag selbst abschließen würde

-          ob er dieses Angebot selbst versteht

-          was seine Bank aus der Krise gelernt hat

-          etc.

Wenn ihm oder ihr die Antwort gefällt, dann soll er da bleiben und sich redlich nähren. Wenn nicht: Nix wie weg!

 

 

 

 

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