claim von gute-banken

Danke HSH - Danke Schwarz- Gelb Schleswig-Holstein.

Oder: Die Lobbyarbeit der Großbanken für die Privatisierung des Sparkassensektors

 


Die Fehlentwicklungen vor Augen, die Stabilität im Kopf. So rüttelt der Starrsinn weiter an den Fundamenten Deutschlands… Die Änderung des Sparkassengesetzes in Schleswig Holstein ist die logische Entwicklung der „Liberalisierung“ des Finanzmarktes – und des Versuchs, ihn auch in die Sparkassen eindringen zu lassen. Darum geht es im Grunde. Nur sagt das keiner... von Michael Frewert

Kurz zur Einführung: Nun hat die schwarz-gelbe Koalition in Schleswig- Holstein mit arg knapper Mehrheit ihr umstrittenes Sparkassengesetz durchgeboxt. Damit darf die Haspa AG (Hamburger Sparkasse) sich in der Zukunft an öffentlich-rechtlichen Instituten beteiligen. Konkret geht es da im Moment um die HSH, die eben Kapital braucht. Darüber wird gesprochen. In Wirklichkeit geht es wohl aber darum, den Sparkassenmarkt mit Fremdkapital aufzuweichen. Kritische Zungen sprechen bereits von der „Lex Haspa“.

Die HSH braucht also Geld. So sagen sie.  Darum das Gesetz. So sagen sie. Das Seltsame an dieser HSH-Initiative: Es gibt schon seit Jahren Bestrebungen, die HSH an die Börse zu bringen. Auch Vorstand Nonnemacher wurde 2007 mit diesem Auftrag zum Vorstandsvorsitzenden gemacht. Damit hätte sich die HSH Kapital beschaffen können. Dass davon heute keine Rede mehr ist, zeigt klar, dass die Krise der HSH hier für andere Zwecke genutzt wird....

Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben.

Kapital für die HSH – Dammbruch fürs Kapital

Nach der offiziellen Lesart will die Landesregierung der Hamburger Sparkasse (Haspa) und den Sparkassen allgemein durch den Einstieg von privatem Kapital die Eigenkapitalbasis stärken. Aus der- zumeist und wenn überhaupt nur schwach beleuchteten- juristischen Sicht, wird mit dem Gesetz allerdings Tür und Tor zu einer möglichen, vollständigen Privatisierung des Sparkassensektors geöffnet. Es wurden nicht nur Stimmen aus den eigenen Reihen der CDU laut- die FDP verhielt sich auffällig zurückhaltend, was nicht weiter wundert, denn das Thema der Privatisierung steht dort hoch im Kurs- auch Brüssel teilte seine Bedenken mit.

Wer wissen will, warum es dies alles nicht besonders gut finden sollte: Wenn Fremdkapital aus dem Kapitalmarkt ins Spiel kommt, dann kommen auch andere Interessen ins Spiel. Eine Sparkasse ist dann nicht mehr in erster Linie für die Region da, sondern für die Anteilseigner (Shareholder) und ihre Renditeerwartungen (Return on Equity). Und die können wie man weiß, ziemlich hoch sein....

Was bisher geschah...

Die HSH Nordbank ist eine Landesbank, die erst im Jahr 2003 durch die Fusion der Landesbanken Hamburg und Schleswig Holstein entstanden ist. Durch die Fusion wurde sie zu einer der weltweit größten Banken für Schiffsfinanzierungen. Hier kannte sie sich wohl auch gut aus. Das Risiko, das sie hier zu bewältigen hatte, war lediglich die Schwankung des Schiffs- und Reedereimarktes – der war ja durch die immer weiter zunehmende Globalisierung immer stärker geworden. Nahezu alle Waren, die zum Beispiel von China und den anderen stärker werdenden Staaten (emerging markets) produziert werden, kommen per Schiff nach Europa und den Rest der Welt. Dazu braucht man Schiffe. Viele Schiffe. Mit den diversen Krisen der letzten Jahre litt auch das Schiffsgeschäft. Aber das hätte die HSH schon aushalten können. Aber sie war einfach zu gierig ...

So zitiert das Hamburger Abendblatt Nonnenmacher in einem Interview vom 17. 2.2010 unter der Überschrift „Ich habe kein schlechtes Gewissen“:

„Nonnenmacher: Dafür muss man bis zur Fusion 2003 zurückschauen. Damals wurde die HSH Nordbank als internationale Geschäftsbank gegründet, mit der Möglichkeit, sich an jeder Form von Bankgeschäft zu beteiligen. Um die Börsenfähigkeit herzustellen, musste die Rentabilität deutlich erhöht werden. Die Bank musste eine Wachstumsstory nachweisen, um das Interesse internationaler Investoren zu wecken. Da das Wachstum im Inland irgendwann an Grenzen stößt, ging man verstärkt ins Ausland, baute Repräsentanzen und Niederlassungen auf und ging mit aggressiven Konditionen in den Markt. Das erklärt, warum wir in vielen Fällen dabei waren. Rückblickend betrachtet war das Wachstum unausgewogen.“ 

Angesteckt vom Finanzmarkt-Virus wollte man also das „große Spiel spielen“. Um mitspielen zu können und für die Börse interessant zu sein, machte man alles, womit Geld zu machen schien. Und fiel mit Verlaub richtig aufs Maul.

Das Resultat aus diesem Geschäften wurde von einem Kinderchor, der von dem Moderator eines Satiremagazins des NDR angeleitet wurde, direkt vor den Türen der HSH besungen, in der Melodie des Kirchentagsschlagers: „DANKE, die Kita wird jetzt teurer, DANKE, pleite ist die Stadt, DANKE, für dieses Ungeheure, DANKE HSH!“

Allzu viel hat der Herr Nonnenmacher davon wohl nicht mit bekommen. Laut einem Bericht von Focus- Money, vom 15. 04. 2010, hatte er es vorgezogen das Gebäude über die Küche durch die Hintertüre zu verlassen, um das Szenario zu meiden. Soviel zur Stabilität seines Rückgrates. Man hoffe, dass es mit dem „seiner“ Bank besser bestellt ist…

Die Europaische Union (der Banken)

Zurück zum Thema. Das Kalkül des Sparkassengesetzes ist einfach: Wenn erst einmal einer privatwirtschaftlichen Sparkasse – die Haspa ist eine Aktiengesellschaft in Staatsbesitz – erlaubt wird, in öffentlich-rechtliche Kreditinstitute einzusteigen, dann hätten auch andere Privatbanken die Möglichkeit, das für sich selbst einzuklagen. Die EU-Kommission hat schon Zweifel formuliert, ob die Haspa überhaupt als öffentliche Bank einzustufen ist. Ist sie eine, würden Privatbanken diskriminiert. Ist sie keine, würden Privatbanken ihr Recht auf die Beteiligung an öffentlichen Instituten einklagen. Mit dem Inkrafttreten des Sparkassengesetzes würde also faktisch die EU darüber befinden, ob Privatbanken „diskriminiert“ werden, oder nicht. Wobei man sich die Art der Beurteilung dieses Sachverhaltes und das daraus resultierende Ergebnis an einem Daumen abzählen kann.

Zudem ist die EU der öffentlich-rechtlichen Bankenlandschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht gerade wohl gesonnen. Die Privatbanken hätten auf Grundlage des Gesetzes also rosige Aussichten für eine Klage auf Gleichbehandlung.

Woher der Wind hier eigentlich weht, sollte klar sein: Die deutschen Privatbanken träumen seit Jahren von den 50 Mio. Kunden der Sparkassen wie vom Schlaraffenland: ältere, vermögende, treue Kunden oder im Vertriebsjargon der Postbank, Unmengen von Leos- leicht erreichbare Opfer. Dafür arbeiten ihre Lobbies mit allen Mitteln.

So schreibt die Deutsche Bank Research (2004) zu Reform des schwedischen Bankensektors nach der Bankkrise der 90er; die als Lehrbuch für Bankenreformer gilt:

„Gelungene Sparkassenreform in Schweden: Gesamter Bankenmarkt profitiert von Privatisierung und Konsolidierung. Die Privatisierung und Reform der ehemals-öffentlichen Bankensektors in Schweden hat die Wettbewerbsfähigkeit entscheidend verbessert; die Reformmaßnahmen leisteten zudem einen wichtigen Beitrag zur Dynamisierung und Internationalisierung des schwedischen Bankenmarkts und seiner Institute.

Eine klassische Argumentation der Deutschen Bank: Warum sollte man die Sparkassen privatisieren? Weil der Bankenmarkt davon profitiert! Als hätten die Banken nicht schon genug profitiert – und gekostet ....

Nein, man sollte solchen Worten wirklich nicht glauben. Der fragmentierte Bankensektor der Sparkassen und Volksbanken ist wichtig und stabilisierend.  Die Sparkassen und Volksbanken hätten ein natürliches Interesse daran, darauf zu achten, dass kein Mitglied zu groß oder „too big to fail“ wird.

Es gibt zwar einige Sparkassen im Hamburger Umland, die sich ein Engagement der Haspa wünschen. Der Sparkassen- und Giroverband dagegen kann sich allenfalls stille Einlagen vorstellen. Doch warum brauchen die Sparkassen so dringend frisches Geld? Es geht natürlich auch, aber wohl nicht ausschließlich um Kapitalsteigerungen. Die Schieflage der Sparkassen hat unmittelbar mit der Krise der HSH Nordbank zu tun. Sie mußten Wertberichtigungen in Höhe von 370 Millionen Euro verkraften. Wohl auch deshalb wollten vor Jahresfrist die Sparkassen ihre Anteile an der HSH Nordbank an die Landesregierung veräußern. Allerdings hat hier die Politik dankend abgelehnt.

Aber weshalb will der Dachverband der schleswig-holsteinischen Sparkassen kein Kapital von der Haspa? Die Stimmenmehrheit der Kommunen wäre mit dem Gesetz zumindest gesichert. Die Antwort lautet: Weil sie wissen, dass die Haspa nicht aus Nächstenliebe investiert. Das Interesse der Haspa ist es, dass ihr Kapital eine möglichst hohe Rendite abwirft. Die Philosophie der Sparkassen würde somit in ihr krasses Gegenteil verkehrt. Die Kommunalbanken sind nicht nur gewinnorientiert, sondern fördern die lokale Wirtschaft sowie soziale Projekte und garantieren auch einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten ein Konto. Ist das für Großbanken ein Argument? Wohl eher nicht...

Fazit: Was bringt das den Menschen?

Die Gefahr besteht also darin, dass die EU sich der Lobby der Banken unterwirft. Was hier hoffnungsvoll stimmt: Auch EU-Parlamentarier beginnen, den Braten zu riechen. So schreibt der österreichische Kurier am 21.6.2010 unter der Headline „Finanzreform – EU warnt vor Lobby-Macht“:

In den Verhandlungen um die Reform der Finanzmärkte haben führende Europaabgeordnete vor einer Übermacht der Lobby-Industrie gewarnt. "Wir, die für die Regulierung der Finanzmärkte und des Bankgewerbes zuständigen europäischen Abgeordneten, stehen täglich unter dem Druck des Finanz- und Banksektors", heißt es in einem Aufruf, den mehrere Fraktionen demnächst veröffentlichen wollen und der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. 

Im Falle der HSH Nordbank zeigte es sich regional nur allzu deutlich, welche Gefahren das Risiko bergen kann, wenn man es nur allzu leichtfertig eingeht. So mussten die Länder Hamburg und Schleswig- Holstein, die beiden größten Eigentümer der HSH Nordbank, nach den hoch riskanten Wettgeschäften des Herrn Nonnenmacher und seiner Vorgänger ganze 3 Mrd. Euro an Steuergeldern in den Topf der Bank als Eigenkapital und zusätzliche eine 10 Mrd. € Garantie fließen lassen, was sich letzteren im Haushalt der beiden Länder bemerkbar machte.

Im Falle einer sich in diese Richtung fortsetzenden Entwicklung und einem neuerlichen Desaster wie bei der HSH Nordbank, würde dann wohl der Chor vor dem Landtag den vor der HSH nicht nur im Altersdurchschnitt bei weitem überragen…„DANKE!“

Was können wir tun?

Wenn Sie wissen wollen, wie ihre Bank denkt, dann fragen Sie ihren Bankberater einfach

  • ob die Bank glaubt, wachsen zu müssen oder zu sollen, um ihre Aufgabe zu erfüllen
  • wem die Bank gehört und wem sie dient
  • ob die Bank genügend Eigenkapital hat um ihre Aufgabe für die Menschen zu erfüllen
  • ob die Bank einen Plan hat, um  ihre Unabhängigkeit zu sichern

Wenn Ihnen die Antworten gefallen, dann bleiben Sie bei Ihrer Bank. Wenn nicht? Dann nicht!

 

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