Deutsche Bank Research: Die Krise war doch gar nicht so schlimm. Oder: Wir haben’s ausgerechnet ....
Ach so, es war also gar nicht so schlimm.... schreiben die Chef-Finanzmarkt-Experten:
Die direkten Kosten der Krise für den Steuerzahler dürften in den meisten Industrieländern am Ende unter 1% des BIP liegen. Das entspricht nur einem Bruchteil der ursprünglich zugesagten Mittel und ist auch weit niedriger als die anfänglichen tatsächlichen Ausgaben.
Ach so, doch nur ein Prozent des Bruttoinlandsprodukt? Ja dann, isses ja nicht so schlimm! Das ist eben das Schöne und gleichzeitig das Gefährliche an dieser zahlenbasierten Denkweise. Man kann alles schönrechnen! Wie schön die Deutsche Bank das kann? Sehr schön. Guckst Du hier:
Überraschenderweise dürfte die Krise damit im historischen Vergleich eine der am wenigsten kostspieligen werden.
Hammer, da haben wir eine der billigsten Krisen, uns haben es nicht einmal gewusst. Danke, Deutsche Bank! Und überhaupt, dass das mal klar ist, so sollen wir lernen: Es leben die Großbanken und der Kapitalmarkt! Guckst Du hier:
Große US-Banken kamen z.B. schneller aus der Krise als viele ihrer europäischen Rivalen, die noch von Staatshilfen abhängig sind, nicht zuletzt dank des stärkeren Kapitalmarktgeschäfts der amerikanischen Banken. Allerdings profitierten im Wesentlichen nur die großen Banken mit Investmentbanking-Aktivitäten von dieser Entwicklung, während viele kleinere US-Banken immer noch zu kämpfen haben.
Die kleineren Institute sind also viel schlechter. Verstanden!
War’s das jetzt? Nein.
Denn wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben....
Beschwichtigung als Terminsache
Dahinter steckt eine klare Agenda, die wohl außer uns bisher noch keiner gesehen hat. Die Deutsche Bank veröffentlicht ihr Papierchen ausgerechnet und ganz zufällig am 1.7.2010 - passend zur am 2. Juli stattfindenden Debatte zur Eindämmung von Finanzmarktspekulationen ..... Und da könnte es ans Eingemachte gehen. Vielleicht wenigstens. Hier ist die Planung von der Website des Deutschen Bundestages für den 2. Juli:
Freitag, 2. Juli 2010 Eindämmung von Finanzmarkspekulationen: Zu Beginn der Plenarsitzung am Freitag entscheidet der Bundestag nach einstündiger Debatte gegen 10 Uhr über den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entwurf eines "Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivatgeschäfte" (17/1952). So genannte ungedeckte Leerverkäufe von Aktien und Staatsanleihen aus der Eurozone sollen damit nicht mehr erlaubt sein. Außerdem ist vorgesehen, den Abschluss von ungedeckten Kreditausfallversicherungen auf Verbindlichkeiten von EU-Mitgliedstaaten zu verbieten, wenn kein eigener Absicherungszweck besteht.
Vor diesem zeitlichen Hintergrund macht das Papier natürlich einen Sinn. Zwar keinen schönen – aber doch einen perfiden Sinn. Und der wird noch einmal mit ein paar Komplimenten hinterlegt:
Dank der entschlossenen und massiven Maßnahmen der öffentlichen Hand und der schnellen Erholung der Weltwirtschaft lagen bereits die zunächst erfolgten Ausgaben zur Stabilisierung des Finanzsektors in den entwickelten Ländern nur bei etwa der Hälfte des früher bei der Krisenbewältigung Üblichen. Zudem waren die nachträglichen Einnahmen des Staates selten so hoch wie in der jüngsten Krise.
Also, ist doch super. Ich bin ok, Du bist ok! Eine gaaaaanz tolle Regierung seid ihr!
Irgendwelche Vorschläge oder Eingeständnisse? Nein danke!
Gibt es irgendwelches selbstkritisches Potenzial in dem Papier oder hat man sich die Welt nur schöngerechnet? Dreimal darf man raten. Schuld? Nein, nicht so richtig! Da waren ja noch gaaaaanz andere beteiligt! Nochmal ein Auszug aus dem Papier:
Auch wenn sich darüber streiten lässt, wieweit die Finanzkrise konkret zur ersten Rezession der Weltwirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg und dem massiven Anstieg der öffentlichen Defizite und Schuldenstände beigetragen hat, ist klar, dass sie sicherlich der wichtigste einzelne Grund dafür war.
Lässt sich darüber wirklich streiten? Wirklich? Ganz wirklich? Nö, oder? Und wenn man es wirklich wollte – dann müsste man ja auch sagen wo die Fehler lagen und wie man sie abstellen kann. Dazu hört man in dem Papier nichts. Ein Verlust, den wir gerne tragen....
Was sagen die Sparkassen?
Übrigens: Naturgemäß äußerte sich auch die Sparkassenorganisation in einer Pressemeldung „Konsequenzen aus der Finanzkrise für Regulierung und Kundengeschäft - Rede auf dem FTD-Bankentag“ am 17. Juni 2010 zum Thema. Also mit einigem zeitlichen Vorlauf – damit man mal noch drüber nachdenken kann. Vorstand Haasis sieht die Sache deutlich konkreter:
Vor allem drei zentrale Zielsetzungen sollten dabei im Vordergrund stehen: Erstens sollten die Finanzmarktakteure selbst eine höhere Eigenverantwortung übernehmen. Dabei geht es um eine Verminderung der eingegangenen Risiken und um eine Erhöhung des eigenen Vorsorgepuffers. Zweitens brauchen wir eine höhere Stabilität des Gesamtsystems der Finanzmärkte. Deshalb sollte sich die Aufmerksamkeit auf solche Akteure und Produkte richten, die eine hohe Systemgefahr in sich tragen. Und drittens brauchen wir einen möglichst hohen Schutz für Anleger. Nur so kann verloren gegangenes Vertrauen neu gewonnen werden.
Also: Sicherheit ist geringes Risiko und gute Vorsorge. Sicherheit ist Vertrauen. Vertrauen heisst – keiner wird über den Tisch gezogen, nichts bricht im großen Spiel zusammen und die Kunden sich am wichtigsten. Ach nein, in diesem Fall sagt man: die Verbraucher. Damit holt Haasis interessanterweise auch die Opposition ab. Denn ebenfalls am 2. Juli 2010 hat der Bundestag noch einen weiteren Punkt auf der Agenda:
Verbraucherschutz auf den Finanzmärkten: Ab 11.50 Uhr entscheidet der Bundestag nach 30-minütiger Aussprache über zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen und Linksfraktion zur Verbesserung des Verbraucherschutzes auf den Finanzmärkten.
Ähnliches gilt für die Volksbanken, die bereits am 3.6.2010 ein Positionspapier
In dem Positionspapier "Zukunftsfähige Rahmenbedingungen für das Bankengeschäft schaffen" benennt der Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) politische Themenfelder, bei denen aus Sicht der genossenschaftlichen Bankengruppe in den nächsten Jahren Handlungsbedarf besteht. Hierzu zählen die Reform der internationalen Finanzmärkte, die Stabilisierung der Sicherungssysteme, die entschlossene Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen genauso wie die Konsolidierung der Staatsfinanzen. Weitergehende Reformen im Steuerrecht sind ebenso anzugehen wie der Abbau von unnötiger Bürokratie.
Wenigstens haben sie beide eine Haltung zum Thema – und melden sich nicht zu Wort, um abzuwiegeln.
Fazit:
Was lehrt uns dieses also? Wohl ganz einfach: Die einen rechnen nur noch rum – die anderen haben lange mitgerechnet. Die dritten haben nicht richtig mitgemacht und werden deshalb von den ersten als zu klein bezeichnet. Und jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen. Wenn wir Glück haben....
Was können wir selbst dazu beitragen? Wir können unsere Bankberater zum Beispiel fragen,
- ob ihre Bank staatliche Mittel in Anspruch genommen hat
- ob sie in der Krise und auch aktuell mehr oder weniger Kredite ausgereicht hat
- und vielleicht auch einfach: Was der Bankberater von der deutschen Bank und anderen Großbanken so hält
Gefallen uns die Antworten, bleiben wir bei der Bank. Wenn nicht, dann nicht!
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