Die Omega-Geschäfte: Wie man sich mit Zweckgesellschaften erfolgreich selbst ins Bein schiesst.
Oder: Schiffe versenken bei der HSH...
Einer unserer Leser war so freundlich, uns auf eine Meldung der Tagesschau aufmerksam zu machen. Die HSH will also nun einige der Kredite aus ihrem Kerngeschäft an eine Bad Bank auslagern. Obwohl ja die Schiffsfinanzierung das eigentlich Kerngeschäft der HSH ist. Oder war. Sie redet sich auf die Vereinbarungen raus, die sie mit der EU und der Bundesregierung getroffen hat....
Wir leben zwar in einer schnellebigen Zeit. Aber trotzdem immer schön der Reihenfolge nach: Im Falle der HSH Nordbank zeigte es sich regional nur allzu deutlich, welche Gefahren die Risiken des Kapitalmarkts und die Gier bergen können, wenn man so richtig schön leichtfertig mit dem Geld der anderen umgeht. So mussten die Länder Hamburg und Schleswig- Holstein, die beiden größten Eigentümer der HSH Nordbank, nach den hoch riskanten Wettgeschäften des Herrn Nonnenmacher und seiner Vorgänger ganze 3 Mrd. Euro an Steuergeldern in den Topf der Bank als Eigenkapital und zusätzliche eine 10 Mrd. € Garantie fließen lassen, was sich erst im Haushalt der beiden Länder deutlich bemerkbar machte. Und nun offenbar auch bei der Schiffsindustrie.
Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben....
Der Omega-Deal
Noch ein Blick zurück: Wie viele andere Banken wollte die HSH also auch am großen Spiel beteiligt sein. Anstatt sich ihrem Kerngeschäft zu widmen, kaufte sie Immobilienkredite, versprach sich zunächst satte Gewinne – und brach dann gemeinsam mit dem Immobilienmarkt tief ein.
Um ihre Bilanzen schöner aussehen zu lassen, als sie tatsächlich waren, wendete sie einen gern genommenen Trick an: Gemeinsam mit der französischen BNP Paribas gründete sie zwei sogenannte Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicles oder SPV), an die sie ihre schlechten Kredite verkaufte. Parallel dazu gab sie an diese Gesellschaften namens Omega 52 und Omega 55 Kredite. So erschien in der Bilanz einerseits ein Geldzugang durch den Verkauf und andererseits eine Kreditforderung. Versteht das jemand?
Wie funktioniert eine Zweckgesellschaft (Special Puprose Vehicle)?
Man kann sich das in etwa so vorstellen: Einer von uns hat einem Freund sagen wir 1000 Euro geliehen. Nun braucht er das Geld aber selber. Weil der Freund das Geld nicht zurückzahlen kann, verkauft er dann quasi die Schulden an einen Strohmann – der aber selbst auch kein Geld hat. Also leiht er dem Strohmann wieder 1000 Euro, damit er den Schuldschein kaufen kann. Der Strohmann macht aus dem Schuldschein und noch ein paar anderen Schuldscheinen ein „Unternehmen“. Und an diesem Unternehmen ist er dann wieder beteiligt. Er hat dann also zwar 2000 Euro verliehen. Aber bilanziell gesehen hat er jetzt auf der einen Seite eben 1000 Euro die er jemandem geliehen hat – und eben 1000 Euro, die sein Anteil an dem „Unternehmen“. Macht also 1000 auf der Soll- und 1000 auf der Habenseite. Macht unterm Strich erstmal Null. Hört sich blöd an. Macht aber aus einem maroden Investment wieder ein scheinbar sauberes Geschäft. Wenigstens in den Bilanzen....
Warum muss das alles so sein wie es ist?
Also nochmal ein kurzes Resümé: Eigentlich war die HSH auf Schiffsfinanzierungen spezialisiert. Die Marine-Industrie hatte gerade um die Jahrtausendwende und danach einen wahnwitzigen Boom. Und zwar einfach deshalb, weil im globalen Markt ein Großteil der Waren zum Beispiel von China nach Europa oder Amerika mit Schiffen transportiert wird. Schiffe. Viele Schiffe. Wahnsinnig viele Schiffe wurden gebraucht. Und die HSH Nordbank ist einer der international führenden Schiffsfinanzierer. Aber das genügte ihr halt nicht. (Darüber haben wir ja schon berichtet).
Sie fiel also gewaltig auf die Fresse. Das ganze schöne Omega-Konstrukt und alles andere brach zusammen. Und die Verluste waren gigantisch. Schuld war irgendwer. Aber natürlich auf keinen Fall die Vorstände....
Die EU und der Staat musste einspringen. Die Konsequenz daraus ist zunächst, dass die HSH auf ihrer website ihren Aktivitäten am Finanzmarkt keine sooo große Bedeutung mehr zuweist:
Die Aktivitäten des Financial-Markets-Bereichs der Bank dienen vorrangig der Sicherstellung der Refinanzierung und der Liquiditätssteuerung. Darüber hinaus unterstützt der Bereich die Kundenaktivitäten mit bedarfsgerechten Produkten, wie zum Beispiel Zins-, Währungs- und Rohstoffpreisabsicherungen.
Man will also nicht mehr am Finanzmarkt spielen. Aber wo soll man dann spielen? Ach ja: Wir könnten ja Schiffe versenken spielen.
Und wenn das, was die HSH sagt, wahr ist, dann hat sie gemeinsam mit der EU dann auch nichts Besseres zu tun, als eben in etwa zu sagen: „Ja, also, finanzwirtschaftlich gesehen muss man die HSH neu strukturieren. Sie muss viel mehr Immobilienkredite machen. Und nicht mehr so viel Schiffsfinanzierungen. Was mit der Marineindustrie dann passieren wird? Ja, das sehen wir dann. Aber finanzwirtschaftlich gesehen muss das einfach so sein! Jawoll!“ Es ist anzunehmen, dass die entsprechenden Gremien hier von Bankern beraten wurden ....
Fazit:
Dies alles ist schon ein wenig der Ausdruck von drei Dingen: Erstens der völlig falschen Denkweise der Vorstände der HSH. Und zweitens der völligen Abkehr von der eigentliche Bedeutung einer Bank: Der Förderung und Unterstützung von Unternehmen und der Sicherung (nicht Zerstörung) der Wohlstandsbasis. Und drittens ganz einfach: Die Erkenntnis, dass im finanzmarktgetriebenen Business der Kunde keiner ist, dem die Bank dient. Es ist genau umgekehrt: Der Kunde ist nichts anderes als ein Instrument, ein nettes kleines Gadget, das man ein- und ausschaltet. Je nach Situation.
Wir denken: Es gibt bestimmte Dinge, die auf die Dauer einfach nicht sein können. Was gesellschaftlich gebraucht wird, das wird auch stattfinden. Schiffsfinazierungen werden gebraucht. Drum steht zu hoffen, dass die hier angesprochenen Kredite auf irgendeine Weise aus der sogenannten Bad Bank herausgenommen werden und von einem Institut, einem Investor oder sonst wem aufrechterhalten werden. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, dass das passieren wird.
Was können wir bis dahin tun, auch wenn wir keine Schiffe bauen? Im Grunde ist es auch hier ganz einfach:
Wir sollten unsere Bankberater fragen
- welche Bedeutung die „Arbeit am Finanzmarkt“ für sie einnimmt
- ob sie im letzten Jahr Unternehmenskredite aus „strategischen Gründen“ gekündigt hat und wenn ja dann warum
- ob sie Kredite verkauft, verkauft hat oder verkaufen will
- ob sie an spezial purpose vehicles (SPV) oder Zweckgesellschaften beteiligt ist.
Gefallen uns die Antworten, können wir bei der Bank bleiben. Wenn nicht? Dann besser nicht....
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