claim von gute-banken

Fast Off-Topic: Die Köhler-Chronologie. Oder: „Sklerotische Strukturen“....

 Heute mal ein Thema, das nur begrenzt mit unserem Thema zu tun hat. Die Zeit und andere titelten am 13.10.10:  „Horst Köhler wird Berater der G 20.(…) Der Rat soll mit prominenten Vertretern der internationalen Politik- und Finanzwelt besetzt sein und Konzepte für eine neue internationale Währungsordnung ausarbeiten.“ Da ist er also wieder dort, wo er sich wohler fühlt. Dort, wo es ums große Geld geht.

 

 

Rein, raus, rein. Horst Köhler ändert nicht nur seine Jobs, sondern auch seine Haltung gerne mal. Nachdem er den Finanzmarkt und die Banken als IWF-Präsident noch gepriesen hatte, bezeichnete er die selben Banken 6 Jahre später als Monster, an deren Zähmung er noch nicht glaube. Konstant ist eigentlich nur seine Haltung, dass Leistung etwas sehr wichtiges ist. Aber das kennen wir ja schon.

 

Bleibt die Frage: Finden wir das lustig, dass Köhler sich als Mitglied einer informellen Expertengruppe sich jetzt mit Konzepten für eine Reform des Weltwährungssystems befasst?

 

Um darauf eine Antwort geben zu können, muss man wenigstens ein klein wenig tiefer graben …

 

Der globale Köhler

 

Als Horst Köhler im Jahre 2000 – damals von Schröder geschickt – zum geschäftsführenden Direktor des Internationalen Währungsfonds wurde, schien er sich sehr gesellschaftlich und global orientiert zeigen zu wollen. So soll er im September 2000 auf der IWF Tagung in Prag gesagt haben:

Globalisierung für alle soll künftig ein Leitmotiv für die Arbeit des Fonds sein.

 

Das kann man natürlich auch so lesen oder so. Aber um ihm gerecht zu werden: Damit meinte er wohl – wenigstens zu diesem Zeitpunkt - dass eine wesentliche Funktion des IWF die Senkung der Armut sein müsse. Und zwar vor allem in den Teilen der Welt, in denen es nicht ums Geld, sondern ums schiere Überleben geht. So richtig daran gehalten hat sich da aber keiner.

 

Man wird das Gefühl nicht los, als sei der IWF und auch der Köhler vor allem von neoliberalen Gedanken geprägt gewesen. Das zeigt sich unter anderem auch an den Forderungen, die der IWF unter der Ägide Köhlers, für die Vergabe eines Ende Dezember 2000 vereinbarten Hilfspakets über 39,7 Milliarden Dollar an Argentinien forderte: Da wurde unter anderem die Liberalisierung des Gesundheitswesens, die Deregulierung des Energie- und Telekommunikationsmarktes, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Verstärkung der Privatisierungen gefordert. Also alles Maßnahmen, die davon ausgehen, dass der Markt die sogenannte Daseinsvorsorge besser richten kann als der Staat ...

 

Soviel zum globalen Köhler.

 

Der Finanzmarkt-Köhler (2003)

 

Weiter im Text. Welches Verhältnis hatte der Köhler von 2003 zum Finanzmarkt? Im genannten Interview kann man es lesen:

 

Viel mehr Länder haben beispielsweise heutzutage einen flexiblen Wechselkurs. Außerdem haben sie höhere Devisenreserven aufgebaut, die ebenfalls Sicherheit geben. Der IWF überprüft seit einiger Zeit die Widerstandskraft der Finanzsysteme seiner Mitgliedsländer eingehend. Wir stellen fest, daß Finanzinstitute Risiken heute im allgemeinen besser gestreut haben.

 

Die Notwendigkeit einer „Streuung von Risiken“ als Allheilmittel ist einer der Punkte, über den zu anderem Zeitpunkt zu diskutieren sein wird. Für den Moment bleibt festzustellen, dass Köhler ein Fan von flexiblen Wechselkursen und der Nutzung von Devisenreserven als Wirtschaftsmittel ist. Das erinnert einen natürlich stark an die Diskussion, die derzeit über das Verhältnis von China und USA geführt wird. Wechselkurse als Wirtschaftsmotor ...

 

Das hilft ja nun auch nicht gerade, um sich den Köhler in einem Gremium mit globaler Reichweite als Berater zu sehen.

 

Der Anti-Finanzmarkt-Köhler (2010)

 

Nachdem er sich im Zuge der Finanzkrise nicht mehr so gut als Bankenfreund darstellen konnte, fing er ja als Bundespräsident passend zur Krise an, die Banken als Monster zu beschimpfen. Aber wie man seiner am  29.04.10 beim IX. Munich Economic Summit gehaltenen präsidialen Rede "Die Krise nicht verschwenden!" entnehmen kann, hatte er da eigentlich auch nur eines im Sinn: Das von ihm so geliebte System des Finanzmarkts zu schützen:

 

Die nächste schwere Krise des Finanzsystems würde, da bin ich mir sicher, nicht allein die Funktionstüchtigkeit unseres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells in Frage stellen, sondern auch seine Glaubwürdigkeit.“

Wenn das ganze schöne Finanzsystem nicht mehr glaubwürdig wäre, dann wäre das ja insofern blöde, als man dann ja kein Spielfeld mehr hätte. Selbst diese so zutiefst politisch und kritisch wirkende Aussage ist am Ende doch ziemlich relativ.

 

Der leistungsgläubige Köhler

 

 

Dass den Köhler diese neoliberale Denkhaltung auch drei Jahr später noch prägte, machte er zum Beispiel in einem Interview mit der FAZ am 15.2.03 deutlich:

 

Es ist das alte Lied: Europa redet viel, tut aber zuwenig, vor allem in den großen Ländern Deutschland, Frankreich und Italien. Es fehlt der Wille zur schöpferischen Zerstörung sklerotischer Strukturen. Die Arbeits- und Sozialkosten müssen gesenkt werden, die Steuern müssen runter, und es muß ein investitionsfreundliches Klima geschaffen werden.

 

Das ist die allseits bekannte Lösung: Die Arbeits- und Sozialkosten senken. Inwieweit genau solche Denkweisen ihrerseits zu einer Verkalkung des gesellschaftlichen Denkens führen, mag ja einfach jeder selbst entscheiden… Allemal stimmte der IWF-Köhler im selben FAZ-Interview in die üblichen liberalen „die haben ja keinen Bock“-Litaneien ein:

 

Die Sozialsysteme sollten so gestaltet sein, daß sie den Menschen Sicherheit bieten, wenn sie in eine Notlage geraten, die sie allein nicht meistern können. In Deutschland geht es aber inzwischen vielen darum, möglichst viel aus dem System herauszuholen, das sie mit hohen Zwangsbeiträgen aufrechterhalten. Das ist ein Teufelskreis.

 

Das Lustige an diesem Zitat ist aus heutiger Sicht, dass man das Wort „Sozialsysteme“ einfach mit dem Wort „Finanzmarkt“ ersetzen kann. Dann ergibt sich da schlagartig ein seltsam neuer Sinn... Wie auch immer.

 

Fazit

 

Dass für Köhler Leistung und Geld zusammenhängen, machte er in seiner Rede "Leistung und Gelassenheit" die er am 7.12.09 als Grußwort bei der Nationalen Bestenehrung des DIHK von sich gab:

„Und bei allem, verlieren Sie nie die Freude an dem, was Sie tun. Mark Twain hat einmal gesagt: "Je mehr Vergnügen Du an Deiner Arbeit hast, umso besser wird sie bezahlt."…

 

Das Zitat von Mark Twain mag für den einen oder die andere ja sogar stimmen. Mancher wird auch drüber schmunzeln können. Wahrscheinlich hat auch Köhler versucht, ein Witzle zu machen. Oder doch nicht? Naja. Allemal muss das nun wirklich nicht sein, dass ein Bundespräsident den Leistungsträgern der Zukunft nichts anderes auf den Weg geben kann als die Hoffnung auf Geld...

 

Allemal macht das irgendwie auch kein Vertrauen, um ihn sich als G20-Berater vorzustellen... Oder doch?..

 

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