Vergessliche Deutsche Bank: Abenteuer im Subprime-Markt.
Oder: Der Hehler ist schlimmer als der Stehler...
Am 15.10.10 titelte unter anderem das Handelsblatt mit der Beteuerung der Deutschen Bank: „Haben mit Zwangsräumungen in USA nichts zu tun“. Konkret geht es hier darum, dass es bei den Zwangsräumungen Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Mit einem erstaunlich schwachen Langzeitgedächtnis weist die Deutsche Bank jede Schuld von sich ....
Um was geht denn da nun wieder? Mal ganz einfach gesprochen: Wie man weiß, wurden im amerikanischen Markt in den 2000er Jahren Immobilienkredite wie blöde verkauft. Wer bei drei nicht auf dem Baum war, bekam einen Immobilienkredit angedreht. Die finanzierenden Banken machten sich da einen Spaß draus. Denn sie vergaben diese Kredite ja nicht wie früher, um sie in ihren Büchern zu behalten. Sondern um sie schnurstracks in Pakete zu schnüren und auf dem von uns bereits mehrfach beschriebenen Weg zu verbriefen und weiterzuverkaufen. Auf diese Weise wollten sie die beträchtliche Menge an privatem Kapital auf sich ziehen, die da draussen auf sie wartete – und damit spielen zu können. Wie sehr dieser ganze Plan in die Hose ging, dürfte mittlerweile jedem bekannt sein...
Im Grunde wäre die Meldung außer einem hämischen Grinsen für die Banken und sehr viel Mitleid für die Hausbesitzer kein weiteres Wort wert. So richtig interessant wird sie allerdings, wenn man sie mit der Vorgeschichte der Rolle der Deutschen Bank bei diesem Spiel verschaltet.
Auch hier gilt: Wie immer lohnt es sich, ein wenig tiefer zu graben....
Also mal schon der Reihe nach – aber auf dem Zeitstrahl rückwärts:
2010: „Wir haben damit nichts zu tun“
Am 15.10.10 schreibt das Handelsblatt in dem genannten Artikel also folgendes:
Die Deutsche Bank spielt nach eigenem Bekunden bei Zwangsräumungen von Immobilien in den USA keine Rolle. Das größte deutsche Geldhaus sei lediglich Treuhänder von Häusern und verbuche damit die Kredit-Sicherheiten im Auftrag anderer Institute. (…)Die Deutsche Bank hat dem Sprecher zufolge auch praktisch keine Kredite direkt an US-Hauseigentümer vergeben.
Wichtig ist bei dieser Meldung vor allem eines: Die großartige Deutsche Bank gibt sich hier ganz demütig – sie habe die bösen Verbriefungen ja nur treuhänderisch verwaltet. Und mit all dem bösen Zeugs habe sie ja gar nix zu tun.
Das würde man ja gerne glauben, wäre da nicht die Fähigkeit des Menschen, sich im Gegensatz zur Deutschen Bank an Dinge zu erinnern – oder einfach ein wenig zu forschen. Denn vor gerade mal drei Jahren argumentierte genau dieselbe wunderbare Deutsche Bank noch genau anders rum...
2007: „Wir sind rechtmäßige Besitzer“
Machen wir also eine kurze Rückblende ins Jahr 2007. Da war unter anderem im Capital-Magazin zu lesen, dass die damals nicht ganz so demütige Deutsche Bank sich aber so richtig feist mit den Kreditnehmern beschäftigte – und sie mal eben im großen Stil verklagte. In dem Capital-Artikel vom 5.12.07 war unter dem Titel „Mehr als 9000 Gerichtsverfahren“ nämlich folgendes zu lesen:
(…) Brokerfirma bündelte die Kreditverträge zu riesigen Vertragspaketen mit zehntausenden Forderungen und reichte diese an die Tochtergesellschaft der Deutschen Bank als Treuhänder weiter. Die Anwälte (der Deutschen Bank) erklärten, dass sie als rechtmäßige Inhaber der Forderungen nun die Schulden eintreiben wollten. Sie behandelten die Hypothek ähnlich wie eine Inhaberaktie, die man mit allen Rechten weiterreichen kann. Ihre Rechtsauffassung erläutert die Deutsche Bank in einem Dokument über ihre Rolle als Treuhänder im amerikanischen Hypothekarmarkt. Sie sei in dieser Funktion der „rechtmäßige Besitzer des Darlehens“, obwohl sie selbst keine wirtschaftlichen Interessen an dem Kredit habe. Die Deutsche Bank müsse als Repräsentant die Interessen der Investoren im Verbriefungsgeschäft vertreten.
Was für eine wundersame Wandlung: Im Jahr 2007 legte genau dieselbe Deutsche Bank also noch großen Wert darauf, der Eigentümer von dem zu sein, was ihr im Jahr 2010 so gar nicht mehr gehört haben soll.
Das ist natürlich beachtlich. Es zeigt übrigens auch – und das darf man ja angesichts des Datums der Meldung durchaus erwähnen – dass die Deutsche Bank bei der Subprime-Krise aber so richtig kräftig mitgewirbelt hatte...
2007: „Wir wissen wie’s geht“
Ebenso wollen wir des Anstands halber nicht verschweigen, was in dem Artikel des Capital-Magazins ebenso steht: Dass nämlich ein Richter, der sich mit den von der Deutschen Bank gegen 9000 (!) Hypotheken-Kreditnehmer angestrengten Prozessen beschäftigt hatte, dem Besitzanspruch der Deutschen Bank nicht anerkennen wollte. Wohl auch deshalb, weil er auf das hochnäsige Gerede der Deutschen Bank keinen Bock hatte.
Der Absatz aus dem Artikel ist so amüsant, dass man ihn einfach zitieren muss:
„Herr Richter, Sie verstehen eben nicht, wie die Sache funktioniert“, belehrte der Anwalt der Deutsche Bank Trust Company Judge Christopher Boyko. Im Gerichtssaal von Cleveland im nördlichen Distrikt des US-Bundesstaates Ohio wollten die Juristen der Deutschen Bank Forderungen aus Hypothekarverträgen, die sie als Treuhänder von verbrieften Anleihen übernommen hatten, gegen 15 Hausbesitzer durchsetzen.
Ist es nicht herrlich? Die Unterstellung, dass der Richter nicht verstehe, wie die Sache funktioniert, bestätigte sich ja schon wenige Monate später. Nur eben nicht so, wie das die Herren Kläger-Juristen der wunderbaren Deutschen Bank gedacht hatten. Weil sich eben ein paar Monate später ja rausstellte, dass tatsächlich nicht nur der Herr Richter, sondern eben die ganze Finanzbranche nicht so richtig verstanden hatte, wie die Sache funktioniert....
Wieder 2010: „Oh, da war noch was...“
Als wäre das alles nicht schon seltsam und krank genug, bringt die Recherche noch eine weitere Meldung zutage, die seltsamerweise in den deutschen Medien kaum Widerhall fand. Nämlich dass die Deutsche Bank für ihre Gier gegebenenfalls doch noch wird bluten müssen. So schrieb die Plattform „Der Aktionaer-online“ am 19.8.10 unter der Headline: „Deutsche Bank: 14 Milliarden stehen auf dem Spiel“ über folgenden Zusammenhang:
Der Deutschen Bank droht Ungemach aus den USA: US- Hypothekenversicherer sowie zahlreiche Investoren wollen Konsortialbanken sowie Emittenten hypothekenbesicherter Wertpapiere wegen falschen beziehungsweise irreführenden Informationen über die jeweiligen Immobilienwerte sowie die Qualität der Kredite verklagen. Der Anleihenversicherer MBIA hat beispielsweise schon seien Klage eingereicht. (…) Zu den elf verklagten Kreditinstituten zählt auch die Deutsche Bank. Der Studie zufolge drohen allein der Deutschen Bank Verluste in Höhe von 14,1 Milliarden Dollar.
Ist das nicht eine wundersame Wendung: Nachdem die Deutsche Bank ja die ganze Zeit „nur als Treuhänder fungierte“ und deswegen mit dem ganzen Spiel nichts zu tun hatte, zieht ihr vielleicht die Gier doch noch kalt rein. Man darf gespannt sein, wie sich die Sache entwickelt...
Doch nochmal 2009: „Damit haben wir auch nix zu tun!“
Der Grund für die Forderungen, mit denen nun die Deutsche Bank ihrerseits von Anleiheversicherern überzogen wird, mag auch darin liegen, dass diese Versicherer während des Immobilien-Basars sich ja allzu leicht für die Verbriefungen von Immobilienkrediten hergegeben hatten. Gier frisst Hirn. Wie man einer Meldung der WIWO vom 11.11.09 mit dem Titel„ Ambac warnt vor eigener Pleite“ entnehmen kann, gerieten die Kredit-Versicherer in Folge der Krise ihrerseits in Schieflage. Wie in diesem überaus erhellenden Artikel zu lesen ist, scherte sich die wunderbare Deutsche Bank kein bisschen um die Rettung ihrer ehemaligen in Not geratenen Partner. In dem Artikel heißt es lapidar:
Auch die Deutsche Bank hat noch Engagements bei Monolinern. Sie gilt jedoch nicht als wichtiger Ambac-Geschäftspartner. Anders als die Dresdner Bank hatte sie sich auch nie um eine Rettung oder Stabilisierung von Ambac bemüht. Das Gesamtengagement mit Anleiheversicherern schlechter Bonität hat die Deutsche Bank von mehr als 15 auf rund 1,5 Mrd. Euro abgeschrieben, zeigt der aktuelle Quartalsbericht.
Mal ehrlich jetzt: Wie muss man drauf sein, um einfach mal so 13,5 Mrd Euro abzuschreiben? …
Fazit:
Angesichts all dieser historischen / hysterischen Ereignisse fällt einem ja eigentlich nichts mehr ein. Auch kein Fazit. Naja, höchstens noch das alte deutsche Sprichwort: Der Hehler ist schlimmer als der Stehler...
Was können wir angesichts dieses Hin und Her überhaupt tun? Die Sache ist ja eh schon gelaufen. So würde man denken. Aber vielleicht geht es ja eben nicht nur um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft. Wenn wir die Möglichkeit einer nächsten Krise schon nicht vermeiden können, sollten wir wenigstens nicht dazu beitragen, dass sie vielleicht kommt. Wir sollten unsere Banker fragen
- ob unsere Bank im Verbriefungsmarkt aktiv ist
- ob sie im amerikanischen Sub-Prime-Markt aktiv war
- ob sie verbriefte Kredite durch Kreditversicherungen abgesichert hatte
- ob sie über das argumentative Hin und Her der Deutschen Bank Bescheid wissen
Wenn wir Antworten bekommen, geht’s wie immer. Gefallen sie uns, dann bleiben wir bei der Bank. Wenn nicht, dann nicht.
Ach ja, das ist wohl der einzige Vorteil der großen Privatbanken: Sie bieten sehr viel mehr Stoff zum Amüsieren und Gruseln als die soliden und im besten Sinne „langweiligen“ deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Seht Ihr das auch so?
Noch etwas? Ja, wenn Ihr Lust habt, könnt Ihr
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Dann freuen wir uns. Weil das allen helfen würde. Und ganz ehrlich: uns auch!
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