Börsenzeitung 7.1.11: „Deutsche sind so reich wie nie“.
In der Börsenzeitung und anderswo wird ein Bericht über eine Studie von Allianz Global Investors (AGI) vorgestellt: Mit einem Geldvermögen von insgesamt 4,88 Bill. Euro seien die privaten Haushalte in Deutschland so reich wie nie zuvor. Das macht natürlich Appetit… Wie sollte man sowas lesen - nur mal kurz ein paar Ideen dazu...
Wir sind so reich wie nie. Da fühlen wir uns wohl und lehnen uns entspannt zurück. Aber wenn wir uns schon zurücklehnen, können wir ja auch ein wenig nachdenken und genauer lesen:
Denn wichtig sind bei dieser Meldung der Börsenzeitung vor allem zwei Zusätze:
- Der Zuwachs von 4,7 % gegenüber 2009, so die Börsenzeitung gehe zu einem Drittel auf Bewertungsgewinne zurück, zwei Drittel kommen durch Gespartes hinzu.
Auf deutsch heißt das: Obwohl der DAX, wie man ja verschiedentlich lesen konnte, im Jahr 2010 um 16 % zugelegt hat, steigt der Wert des Vermögens nur um ein Drittel von 4,7% - also ca. 1,5%. Es war also relativ wenig Geld an der Börse angelegt. Für den Finanzmarkt ist da noch viel Musik drin...
Dass es bei der Studie auch wirklich nur darum geht, zeigt auch ein Zusatz, den die Börsenzeitung erwähnt:
2. „Das Bruttogeldvermögen umfasst Bargeld, Bankguthaben, Bausparguthaben, festverzinsliche
Wertpapiere, Versicherungsguthaben und andere in Geldeinheiten bewertete Forderungen, nicht jedoch
Verbindlichkeiten zum Beispiel in Form von Konsumentenkrediten oder aber Sachvermögen wie zum
Beispiel Immobilienbesitz.“
Auf deutsch: Diese Zahlen betreffen nur das Vermögen, das man auch anlegen kann. Sie "nützen" also nur denen, die an das Geld dran wollen. In diesem Sinne sollte man solche Meldungen am besten ignorieren oder sie wenigstens nicht ernster nehmen, als nötig. Und das tun wohl auch viele...
Reiche Deutsche – arm an Vertrauen
Aber irgendwie hat’s 2010 doch nicht so richtig geklappt. So schreibt die FAZ unter der sinnigen Headline: „Entwicklung auf dem Finanzmarkt: Vermögen der Deutschen steigt um 220 Milliarden Euro“, der Anteil von Aktien, Investmentfonds, Anleihen oder Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen, sei von knapp 35% im Jahr 2000 auf 28 Prozent gesunken:
„Seit dem Jahr 2000 ist das Vertrauen der Deutschen in den Kapitalmarkt deutlich zurückgegangen. (…) Fast 29 Prozent ihres Vermögens haben die Deutschen in Versicherungen und knapp 6 Prozent in Pensionsfonds angelegt.“
Das wundert selbst die FAZ nicht: Von 2000 bis Ende 2009, so heißt es in dem Artikel lakonisch, sei das Vermögen der Deutschen mit einer durchschnittlichen Jahresrate von 3,3 Prozent gewachsen. In den achtziger und neunziger Jahren belief sich das durchschnittliche Wachstum allerdings noch auf rund 7 Prozent...
Fazit:
Auch die Veröffentlichung der Studie gehört zu den „vertrauensbildenden Maßnahmen“, die im Moment offenbar massiv in die Medien gedrückt werden. Die Gefahr dabei: Solange die zugrundeliegenden Denkweise sich nicht ändert, werden sie das Spiel unverändert weiter spielen. Die Eigenkapitalanforderungen sind zwar erhöht – aber wie sagte Angie Merkel in ihrer Rede Kongress "Führungstreffen Wirtschaft 2009", 20.11.09 so schön ehrlich:
„Wir befinden uns als Politiker in einer nicht ganz trivialen Situation. Einerseits sind wir keine Finanzmarktexperten. Das heißt, man kann uns mühelos bei jeder Regulierung sagen: Jetzt tut ihr aber das Falsche; wir werden euch sofort beweisen, wie wir das alles umgehen und so weiter.“
Es bleibt also spannend. Und fürs Erste dürfte Vertrauen nur dort angebracht sein, wo es sowieso schon liegt: Bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Die sind zwar klein und tauchen auch nicht so oft in der Presse auf – aber dafür sind sie allein schon von ihren Satzungen, ihrer Genossenschaftsstruktur und hoffentlich auch wegen ihrer Denkweise sicherer und vertrauenswürdiger…
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