claim von gute-banken

Rückgriff in die Mottenkiste der Kapitalmärkte

Ungeachtet des Zeitgeistes“. Oder: „Rückgriff in die Mottenkiste eines unbedingten Glaubens an Kapitalmärkte“

Herrlich: In einer Pressmeldung greift der Deutsche Sparkassen- und Giroverband mal so richtig in die Kiste – und bringt einige Dinge endlich mal auf den Punkt. Wer heute noch auf die Idee käme, Sparkassen zu privatisieren, so heisst es in einer Pressmeldung, greife „in die Mottenkiste eines unbedingten Glaubens an Kapitalmärkte“ zurück. Deutschland brauche die Sparkassen. Gewinnmaximierung brauche dagegen niemand. Jawoll!

Konkret geht es bei diesem äußerst amüsanten Vorgang um einen Passus des Gutachtens, in dem die Monopolkommission sich – offenbar ohne Not – über „strukturelle Wettbewerbsverzerrungen“ im dreigliedrigen Banksystem Deutschlands auslässt. Zur Erinnerung: Konkret ist das dreigliedrige Bankensystem eben die Struktur aus

- Genossenschaftsbanken
- Sparkassen
- Privatbanken (meist börsennotierte und sich gegenseitig kaufende Häuser)

die uns in den letzten Jahren relativ gut durch die Krise hat kommen lassen. Hier sieht die Kommission also nun eine Wettbewerbsverzerrung. In einer Pressemeldung („Monopolkommission untersucht die Wettbewerbssituation auf den Finanzmärkten“, 9.7.14) beklagt die Kommission insbesondere die „Intransparenz der Kooperation in den Verbundgruppen“ und nicht zuletzt das sparkassenrechtliche Regionalprinzip. Diese Art von Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen sei ihr „schon lange bestehendes Anliegen“. Deshalb befürworte sie schließlich „– ungeachtet des Zeitgeistes –„ eine weitergehende Ermöglichung der Beteiligung Privater an der Sparkassengruppe.

Also fassen wir das mal kurz zusammen. Weil Genossenschaftsbanken und Sparkassen mit ihrer kleinteiligen regionalen Aktivität nicht too big to fail und deshalb eigentlich nicht wirklich auf dem Schirm der Regulierungsbehörden sind, erscheinen sie der Kommission als intransparent. Das sei also schon lange ein Anliegen der Kommission: Die Struktur aus kleinen und explizit nicht auf Profitmaximierung ausgerichteten 1000 Volksbanken und 400 Sparkassen zu beseitigen, weil sie ja den Wettbewerb verzerre. Bei den Sparkassen ginge das ja übrigens ganz einfach: Durch eine „weitergehende Ermöglichung der Beteiligung Privater an der Sparkassengruppe.“

Auf deutsch: Man müsste einfach auch aus Sparkassen eine börsennotierte und auf Profitmaximierung ausgerichtete Großbank machen. Das wäre super, weil dann würden alle Banken gleich denken und handeln und wären viel leichter zu überschauen.

Und genau dies, so zitiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband seinen Präsidenten Georg Fahrenschon, sei ja nun wirklich nichts anderes als ein „Rückgriff in die Mottenkiste eines unbedingten Glaubens an Kapitalmärkte“.

„Gewinnmaximierung“ brauche nämlich in Wirklichkeit niemand.

So albern dieses „seit langem bestehende Anliegen“ der Kommission sein mag, so hat sie doch mit einem Recht: Hier bleibt das, was sie den „Zeitgeist“ nennt, wirklich unbeachtet. Vielleicht hat die Kommission auch noch nicht verstanden, dass das, was sie „Zeitgeist“ nennt, genau die Erkenntnis ist, zu der sie wegen ihrer Finanzmarktgläubigkeit nicht kommen kann: Dass „Transparenz“ nicht der Schlüssel für eine funktionierende Verbindung zwischen Real- und Finanzwirtschaft ist. Man sollte es nun doch wirklich mal verstanden haben, dass die einfache Bekenntnis zur „dienenden Funktion“ der Schlüssel für Wohlstand und Sinnstiftung wäre.

Das ganze ist umso fataler, wenn man die historische Grundlage, auf der die Monopolkommission arbeitet, genauer ansieht. Das seit 1957 existierende und 1998 neu gefasste „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ (GWB) setzt in § 44 Absatz 1 fest, dass eine Monopolkommission alle zwei Jahre Gutachten erstellt, „in dem sie den Stand und die absehbare Entwicklung der Unternehmenskonzentration in der Bundesrepublik Deutschland beurteilt … sowie zu sonstigen aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen Stellung nimmt.“). Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen basiert nämlich eigentlich auf der Zerschlagung von Konzernstrukturen, die das Kapital in Deutschand während des Dritten Reichs bildete. Im Urspung diente es also dazu, die Vertrustung zu bekämpfen – und eben nicht alles übers Kapital zu denken und steuern zu wollen.

Aber wie schreibt die Kommission in ihrer Pressemeldung so richtig: Das Anliegen, Sparkassen für „Privatkapital“ zu öffnen, hat sie ja schon länger – und zwar ungeachtet des Zeitgeistes…
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