Beachtlich: Das Handelsblatt stellt Deutsche Bank und Allianz an den Pranger…
Mit der Überschrift „ STREUMUNITION: Die Deutsche Bank und der Krieg“ bringt das Handelsblatt (18.1.15) einen bemerkenswert ehrlichen und kritischen Artikel zur Finanzierung von Streubomben und anderen Waffen. Die eingestreuten Originaltöne der Profitmaximierer zeigen die Misere erschreckend deutlich…
Sinngemäß bekennen die Sprecher von Allianz und Deutscher Bank: Wenn sie ihre Vermögensverwaltungs-Kunden nach ethischen Bedenken fragen würden, würde das womöglich mancher Kunde „nicht goutieren“. Mehr noch: Wenn Kunden wie institutionelle Anleger in Waffen oder sonst was investieren wollten, dann müssten sie ihnen „diese Möglichkeiten“ halt einfach auch bieten.
Natürlich darf jeder machen, was er will…
Das ist natürlich so eine Sache. Muss man tatsächlich immer das machen, was die Kunden wollen? Aus dieser im Handelsblatt zitierten Aussage lässt sich vieles herauslesen. Zum Beispiel scheint hier die klassische Angst des Verkäufers vor dem „Nein“ vor. Aber viel dramatischer ist eigentlich: Wie sang Franz-Josef-Degenhardt vor gefühlt 100 Jahren so richtig: „Hier darf jeeeder machen was er will – im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung versteht sich.“ Und nun soll die ganze Freiheit des neoliberalen Marktes darin bestehen, mit dem Finger auf andere zu zeigen und sinngemäß zu sagen „Wir können ja nichts dafür, wir müssen das halt tun.“?
Für ein weltweit operierendes Unternehmen ist das aber eine ziemlich schmale neue Freiheit. Naja. Wie sagte ein kluger Mann einmal: „Freiheit ist, wenn man tun will, was man tun muss.“ …
… aber man kann halt nicht immer, wie man will.
Den Verdacht, dass das System der „Märkte“ darin besteht, die eigene Verantwortung auf finanzwirtschaftliche System-Notwendigkeiten (Beispiele dafür sind die beiden ewigen Mantren von der Preisfindung und Zuführung von Liquidität als Rechtfertigung für alles) auszulagern. Andererseits postulierte ja schon Immanuel Kant mit seinem kategorischen Imperativ, der in der Regel so zitiert wird:
„Handle nur nach derjenigen Maxime,
durch die du zugleich wollen kannst,
dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Wenn man das einmal einfach nur wörtlich nimmt, wird man den Verdacht nicht los, als werde der kategorische Imperativ einfach nur so interpretiert: Naja, das ist ja schon das Gesetz der Märkte, dass wir so handeln müssen, wie wir eben handeln. Da brauchen wir kein anderes allgemeines Gesetz.“ Oder sollte man ihn so interpretieren, dass die handelnden Akteure wollen, dass diese allgemeine, aufs System verweisende Machtlosigkeit zum allgemeinen Gesetz wird? Wer weiß es schon…
„Kant ist Kant“ – ein Erlebnis der seltsamen Art…
Ach nein, man sollte die Kirche im Dorf lassen. Die meisten handelnden Akteure dürften sich mit ethischen Fragen nie wirklich auseinandergesetzt haben. Das zeigte uns auch eine persönliche Erfahrung: Vor einigen Jahren, mitten in der Subprime-Krise waren wir einmal auf einem Kongress im Berlin. Auf dem Podium saßen Ex-Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper und Jürgen Kluge, der ehemalige Geschäftsführer des deutschen Zweiges der Unternehmensberatung McKinsey – die ja auch nicht gerade für rücksichtsvolles oder gar gesellschaftlich engagiertes Vorgehen bekannt ist. Und da trug sich also folgendes zu:
Bei der Diskussion über die Ursachen der Subprime-Krise sprach der McKinsey-Mann eben diesen kategorischen Imperativ mit dem Argument an: Hätte man sich an diese ethische Leitlinie gehalten, wären wohl manche Probleme und Unsauberkeiten in strukturierten Produkten, die zur Subprime-Krise führten, gar nicht erst entstanden. Daraufhin meinte Hilmar Kopper: Ja, über den kategorischen Imperativ würden Bankleute aber in ihrer Ausbildung nichts hören – „höchstens privat“. Worauf hin der McKinsey-Mann einfach nur sagte:
„Kant ist Kant.“
Mehr sagte er dazu gar nicht. Rhetorisch grandios. Und damit hatte er schon auch recht. Aber damit dürfte auch nichts geholfen sein. Denn seit damals hat sich ganz offenbar nicht viel geändert. Im Gegenteil:
Heute, so wird auch in dem Handelsblatt-Artikel zitiert, werde ein Teil des Geldes der Allianz und der Deutschen Bank in „Indexfonds“ investiert. Und nachdem in den Indices, die da „abgebildet“ würden, schon auch mal Streubomben-Hersteller drin sein könnten, wäre das halt nicht zu vermeiden. Ein weiterer Grund, seine Unfreiheit frei zu bekennen. Und weil das so wäre, „liege der Ball nun bei diesen Indexfonds und Futures“. Tolle Wurst. Und immer das selbe Schema: „Wir müssen das tun. Die anderen sollen was ändern.“
Einfaches Fazit:
Also: Wenn das so ist und bleibt, tut man wirklich gut daran, sich Banken zu suchen, die auch mal den Mut haben, „Nein“ sagen. Und die nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern noch selbst wissen, was sie tun und was sie wollen: Die regionalen Banken, die ihr Geschäft darin sehen, das Spargeld der Einen in Kredite für die Anderen in der Region umzuwandeln. Und deren Ziel nicht in erster Linie die Profitmaximierung ist. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Durch sie entsteht der Wohlstand auch dort, wo man ihn rund um den Globus eigentlich haben will. Bei den Menschen. Das ist ja irgendwie auch ethisch viel dankbarer, oder?
Ach so: Natürlich müssen auch diese Banken heute öfter mit dem Finger auf systemische Probleme weisen – wie zum Beispiel die zusätzliche Last der Dokumentation von allem, was bei drei nicht auf dem Baum ist, die Bankenabgabe und lauter solche neue System-Anforderungen, deren Ursache sie selten waren und gewesen sein können. Und natürlich sind viele von ihnen ein wenig „teurer“ als manche Direktbanken.
Aber wenigstens stehen sie zu ihrem gesellschaftlichen Engagement für die Region. Und das ist ja, wenn man’s mal bedenkt, tatsächlich ein Wert an sich…
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