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Müssen Sparkassen und Genossenschaftsbanken ihre Kunden wirklich „in die Filiale locken"?

Aha: Die Süddeutsche Zeitung („Wenn's um Werbung geht“, 17.2.15) berichtet über die Situation der Sparkassen. Die hätten nicht nur wie andere Banken mit den Niedrigzinsen und dem „teuren Filialnetz“ zu kämpfen. Nein - jetzt kommt’s: Sie hätten eben auch einen „Vertrauensverlust vieler Kunden“ erlitten. Und würden sich jetzt fragen, wie sich „der Kunde wieder in die Filialen locken“ ließe und wie sie „das Vertrauen wieder aufbauen“ könnten. Ach was…

Man fragt sich schon manchmal, woher die Redakteure das immer wieder holen. Denn immerhin haben in den Jahren nach der Krise sich ja nicht weniger, sondern eben mehr Bankenkunden den Sparkassen und auch den Genossenschaftsbanken Ihr Geld anvertraut. Also: Haben die Sparkassen – und das selbe gilt ja auch für die zweite stabile Säule im dreigliedrigen deutschen Bankensystem, die Genossenschaftsbanken – tatsächlich einen „Vertrauensverlust“ bei ihren Kunden erlitten?

Der DSGV sieht das ganz anders – wer hat nun recht?

Das sieht zum Beispiel der Präsident des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes Georg Fahrenschon überhaupt nicht so – sondern eben ganz anders. In seiner am 19.11.2014 bei der Deutschen Botschaft in London gehaltenen Rede „Die neue Anziehungskraft des "lokal banking"“ formulierte er das so:

„Es gibt nur sehr wenige Kreditinstitute, die während der Finanzkrise keinen Vertrauensverlust erlitten. Wir, 416 Sparkassen, gehören dazu. Das Vertrauen unserer Kunden ist auf sehr hohem Niveau stabil geblieben. Der Vertrauenswert der Sparkassen liegt mit aktuell 46 Prozent nicht nur vor dem Wert der Volks- und Raiffeisenbanken und ist mehr als doppelt so hoch wie der der privaten Aktienbanken (20 Prozent), sondern er liegt auch deutlich vor Institutionen wie den Kirchen (ev. 42 Prozent, rk. 18 Prozent), den Medien (40) und – ich erzähle es immer wieder gerne – der Politik (23 Prozent).“

Nun könnte man tatsächlich die Frage stellen: Wer hat nun recht? Sicherlich kann man eines sagen: Den Sparkassen machen neben von der SZ genannten Faktoren (Niedrigzins, etc.) sicherlich wie auch den meisten anderen Banken ernste Probleme. Und sicherlich gibt es auch immer wieder Kunden, die auch mal dem Lockruf einer Direktbank folgen und ihr Festgeld zu subventionierten Kondition für eine Weile anvertrauen. Aber ist Wettbewerb der Ausdruck eines Vertrauensverlusts? Und warum sollten sie, wie die SZ schreibt, deshalb„ihre Kunden in die Filiale locken“?

Da würde man doch gern mal einfach sagen: Wenn die etwas von der Filiale wollen, dann kommen sie dort auch gerne und von alleine hin.

Was ist nur mit dem Wort „Geld“ los?

Noch etwas: Wie man in dem Artikel lesen kann, würden die Sparkassen wohl auch über die Veränderung Ihres Marketing nachdenken. Naja, denkt man sich: Nachdenken ist immer gut. Unter anderem würden einige sogar über die Aufgabe des schon 50 Jahre gepflegten Slogans „Wenn’s um Geld… Sparkasse“ nachdenken. Was lehrt uns dieses denn eigentlich?

Vielleicht das eine: Früher war Geld doch eigentlich mal eine ganz praktische und alltägliche Sache. Heute scheint der Begriff „Geld “ selbst schon vielen zu etwas feindlichem oder schädlichem verkommen zu sein. Ihn einfach aus der (Sprach-)Welt zu schaffen, dürfte allerdings nicht die zielführende Lösung sein. Denn Geld wird erst dadurch zu etwas schädlichem, wenn es keine Bindung mehr an das hat, was die Menschen durch ihre Arbeit erwirtschaften.

Kurzes Fazit

In diesem Sinne ist das eigentliche Problem wohl eher die Entwicklung, die der Umgang mit Geld in „den Märkten“ genommen hat. Wenn mehr „Geld“ mit strukturierten Produkten, Contracts for Difference und anderen Wetten bewegt wird als mit Arbeit und klasssicher Wertschöpfung, und wenn Geld zwar keine knappe Ressource ist, aber trotzdem nicht dorthin fließt, wo es gebraucht wird, kann irgendwas nicht stimmen.

Allerdings dürften zu solchen Entwicklungen weder die Sparkassen noch die Genossenschaftsbanken einen nennenswerten Beitrag geleistet haben. Die sammeln das Geld der Anleger in der Region auf und verteilen es dort wieder in Form von Krediten (und Spenden und Steuern).Also: Warum sollten sie dann das Vertrauen ihrer Kunden verloren haben? Man weiß es nicht. Und in dem Artikel steht es auch nicht drin. War aber trotzdem gut, dass wir mal drüber gesprochen haben…

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