Wie sich Plusminus die Sache mal schön einfach machte. Oder: Kein Regenschirm für sieben Jahre…
Das Erste.de lässt sich in der Sendung PlusMinus („Sparkassen in Not - Warum viele Filialen vor dem Aus stehen“, 13.5.15) über die Situation der Sparkassen aus. Ein bisschen komplexer ist die Sache aber wohl schon…
In dem Bericht wird mit einfachen Worten analysiert, wie die Situation derzeit aussehe: Dort, wo die Region läuft, gibt es keine Veränderungen, weil das Geschäft läuft. Und dort, wo die Region im Ganzen nach wie vor Probleme hat, kommt es zu Filialschließungen. Da staunt der Laie – und der Fachmann wundert sich. Naja, also erst einmal muss dazu wie üblich ein Experte befragt werden – dieses mal von der Frankfurt School of Finance. Der weiß, schlau wie er ist, dass es ja im Business immer zwei Möglichkeiten gibt:
- Entweder soll man sich neue Geschäftsfelder erschließen.
- Oder eben die Kosten senken.
Und nachdem es, was neue Geschäfte anbelange, „schlicht an Ideen und Möglichkeiten“ mangele, müsse man halt die Kosten senken. Gut gebrüllt, Löwe. Naja, was soll man von jemandem von einer Finanz-Schule auch anderes erwarten.
Die besten Ideen sind halt meistens schon umgesetzt … vor über 100 Jahren…
Allerdings fragt man sich, ob die regionalen Sparkassen und Genossenschaftsbanken tatsächlich unter „Ideenlosigkeit“ leiden. Das ist wohl Ansichtssache. Denn im Grunde haben sie die beste Idee, die man außerhalb „der Märkte“ haben kann, ja schon seit ihrer Gründung umgesetzt:
- Sie sind für ihre Regionen da
- streben nicht wie die Großbanken nach Profitmaximierung
- sammeln in der Region Spargeld auf
- verteilen das Geld aus der Region wieder in Form von Krediten in der Region.
- den Rest verteilen sie in Form von Spenden an Vereine, gemeinnützige Institutionen ihre Mitglieder und ihre Kommunen.
Und das funktioniert ja auch gut – nach Maßgabe, dass es tatsächlich ausreichend Kredite zu vergeben gibt. Und vor allem eben, dass das Kreditgeschäft auch so aussieht, dass man davon leben kann. Und dann wird also von PlusMinus, sicher richtig aber auch sicher mit sehr engem Fokus, die Problematik beschrieben, unter die Sparkassen zum Teil schon massiv leiden: Der Niedrigzins ist einfach so niedrig, dass man damit seine Kosten kaum mehr decken kann. Und zwar weder auf der Anlage- noch auf der Kreditseite.
Die Banken verdienen in der Regel an Krediten nach der Prozentrechnung. Ob das nun wirklich der richtige Weg ist, sei auch einfach mal dahingestellt. Denn in der Regel macht ein Darlehen von 100.000 Euro dieselbe Arbeit wie eines für 300.000 Euro.
Wer hat’s erfunden?
Und da kommt man eben irgendwann in die Bredouille, wenn der Zins selbst so niedrig ist, dass da nicht mehr viel übrig bleiben kann. Das Dumme daran: Der widrige Umstand, dass die Leitzinsen so extrem niedrig sind, basiert ja grade nicht auf einer ausgeprägten Ideenlosigkeit – sondern im Gegenteil auf der etwas überbordenden Fantasie „der Märkte“ und Emittenten von immer strukturierteren Produkten. Man sollte das schon auch im Auge behalten, fand am 15. Oktober 2008 auch die Bundes-Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz:
"Wir haben es mit Exzessen der Märkte zu tun. Aufgabe des Staates in einer sozialen Marktwirtschaft ist Kontrolle. Der Staat ist Hüter der Ordnung. Wir beschließen umfassende, weitreichende und einschneidende Maßnahmen. Damit schaffen wir Strukturen für eine menschliche Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert".
Blöde nur, dass die Niedrigzinsen als staatlicher Wirtschafts-Entwicklungsturbo im Grunde nicht funktionieren wollen - aber dennoch aktuell sind. Was sicher auch damit zu tun hat, dass nicht nur die Lobby der Großbanken stark ist, sondern auch die Haushalte der Staaten sich mit ihnen prächtig sanieren lassen. Aber wie sagte schon Einstein so schön:
Man kann ein Problem nicht mit der Denkweise lösen, die es erschaffen hat.
Man hätte es ja wissen können…
Und so muss die „menschliche Marktwirtschaft“ auch heute, 7 Jahre später, noch auf sich warten lassen. Schade fast, weil ja der damalige Bundesminister der Finanzen Per Steinbrück in seiner Regierungserklärung zur Lage der Finanzmärkte vor dem Deutschen Bundestag am 25. September 2008 in Berlin schon die Richtung gewiesen hatte:
„In Deutschland – um jetzt auf die nationale Ebene zu kommen – hat das dreisäulige Universalbankensystem wichtige Stabilisierungsfunktionen übernommen; ich sagte es bereits. Je fragiler die Situation auf den internationalen Finanzmärkten wird, desto mehr sollten wir dankbar sein, dass wir im dreigliedrigen deutschen Bankensystem Sparkassen haben, die eben nicht, wie es Mark Twain einmal formuliert hat, bei schönem Wetter Regenschirme ausgeben, die sie bei den ersten Regentropfen wieder zurückhaben wollen.“
Schönes Bild, das mit den Regenschirmen…
Fazit: Nix dazu gelernt
Noch einmal: Sicher ist ja das, was Plusminus da so zusammen resümierte und den Zuschauern erklärte, nicht ganz falsch. Aber ganz richtig ist es sicher auch nicht. Aber naja: PlusMinus nennt sich selbst ja auch „Wirtschaftsmagazin“. Deshalb hat es owhl auch immer gleich eine gute Erklärung parat. Aber das haben die Großbanken auch…
Natürlich wäre es schon auch mal interessant, sich zu fragen, warum gerade die regionalen Säulen nicht nur der deutschen Bankensystems, sondern auch der deutschen Wirtschaft, am Ende gemeinsam mit ihren Kunden und Mitgliedern die Zeche bezahlen sollen. Sind sie am Ende dann die „lenders of last resort“ – die Kreditgeber letzter Instanz – von denen der Ackermann von der Deutschen Bank so gern sprach? Nun halt nicht als Steuerzahler, sondern als Bankkunden bei regionalen Häusern? Aber diese Fage wird halt nicht gestellt.
Vielleicht wäre es halt doch schon mal gut, hie und da den Fokus (nicht den Focus) aufzuziehen und über die Funktionsweisen der Wirtschaft als gesellschaftlicher Vorgang nachzudenken. Oder?
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