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Neun Fragen an Marlis Schünemann vom Kinderschutzbund Haldensleben.
Die kleine Stadt Haldensleben, irgendwo in Sachsen-Anhalt zwischen Magdeburger Börde, Colbitz-Letzlinger Heide und Elbaue dürften die wenigsten kennen. Und doch ist sie etwas Besonderes: Hier tut man viel für die Kinder! Und das wurde auch schon belohnt. Das Internet-Portal Eurip-Cities wählte Haldensleben schon zweimal zur kinderfreundlichsten Stadt in Sachsen-Anhalt. Zu der sehr guten Infrastruktur für Kids und Eltern trugen nicht zuletzt auch der Kinderschutzbund Haldensleben und seine Beratungsstelle für junge Familien bei. Damit Kinder die Chance haben, gesund, kindgerecht und gewaltfrei aufzuwachsen, wird dort größtenteils ehrenamtlich konkrete Hilfe bei allen Problemen und Sorgen geboten. Der Kinderschutzbund Haldensleben wird von der Volksbank Helmstedt eG aktiv unterstützt – eine von diesen kleinen Banken, über die keiner spricht, die ohne große mediale Bühne für ihre Region aktiv ist und die Gewinne in die Region zurückfließen lässt. Angesichts der allgemeinen Situation an den Finanzmärkten mag das nicht der Rede wert sein.
Wir dachten uns: Von wegen! Es sind genau diese kleinen Dinge, die weit über das Geld hinaus die regionale Einbindung und die dienende Funktion von Banken ausmachen. Grund genug für uns, einmal mit Marlis Schünemann vom Kinderschutzbund zu sprechen…
Frage 1:
Der Kinderschutzbund wurde 1953 nach dem Krieg aus guten Gründen initiiert. Es ist viel für Kinder in fast 60 Jahren Arbeit erreicht worden. Was genau macht der Kinderschutzbund Haldensleben?
Wir wollen Kinder auf ihr Leben vorbereiten und Eltern helfen, die kleinen und großen Probleme des Alltags zu bewältigen. Eltern sollen Freude an ihren Kindern haben! Mit diesem Ziel wollen wir auch erreichen, dass es weniger Gewalt in den Familien gibt. Kinder die ohne Gewalt aufwachsen, können auch ihr eigenes Leben leichter ohne Gewalt leben! Das ist unser Anspruch, den wir erreichen wollen! Vielen Eltern konnten wir bereits Hilfe und Unterstützung geben, so dass wir eventuell Gewalttaten vorbeugen oder verhindern konnten. Eltern haben Vertrauen zu uns gefasst und wenden sich bereits früh an uns, wenn sie Probleme haben. Durch die verschiedensten Angebote haben wir Kinder gestärkt und Selbstvertrauen gegeben. Diese Kinder wissen jetzt, wie sie sich in gefährlichen Situationen verhalten müssen.
Wir bieten eine breite Palette an Angeboten, wir wollen die Familien im Ganzen erreichen und so alle Lebensbereiche abdecken. Daher machen wir nicht nur Kinder stark, sondern auch die Eltern. Denn starke Kinder brauchen starke Eltern!
Wir unterstützen bereits sehr früh, wenn die Kinder noch Babys sind. Wir arbeiten präventiv, um Gewalt vorzubeugen. Aber auch Kindern im Vorschulalter und Grundschulalter bieten wir Angebote zur Gewaltprävention, zur Steigerung ihres Selbstvertrauens, zur sportlichen Betätigung und zur Entwicklung der Kreativität.
Diese Angebote sind sehr niederschwellig und abwechslungsreich, daher kommen die Eltern und Kindern immer wieder zu uns und wir haben einen dauerhaften Blick auf die Familien. Diese breite Angebotspalette gibt es in der näheren Umgebung nicht. Zu unseren Angeboten zählen wir bereits:
- Elterntreffs, Elternkurse, Vorträge, Kochen für junge Familien, Babymassage, Kindersport, Kinderyoga , Kreativangebote.
Wir bieten Spätaussiedlern die Möglichkeit, sich zu treffen und gemeinsame Projekte zu gestalten. Das Projekt hat zum einen das Ziel, Kontakte zwischen verschiedenen Kulturen zu ermöglichen, zu fördern und zu vertiefen und somit die interkulturelle und interreligiöse Begegnung und Verständigung zu fördern. Dies soll bereits bei Kleinkindern beginnen, damit sie die Integration von Anfang an erleben können und somit im Idealfall auch auf ihre Verwandten einen positiven Einfluss nehmen können.
Beispielsweise werden dazu internationale Themenabende oder Nachmittagsveranstaltungen durchgeführt, bei denen einzelne Kulturen durch entsprechende Vertreter dieser Kultur oder Mitarbeiter des Kinderschutzbundes den Eltern und Kindern, aber natürlich auch allen anderen Interessierten vorgestellt werden (z. B. durch Märchen und Kinderspiele aus anderen Ländern, Dia-Vorträge oder Kochabende, etc.). Dadurch soll das Interesse und Verständnis für andere Kulturen geweckt und gefördert werden, was dazu beitragen kann, Vorurteile und Ressentiments vorzubeugen oder diese sogar abzubauen.
Als besonders wichtig erachten wir hierbei die Tatsache, dass bei solchen Veranstaltungen stets Möglichkeiten zum Austausch und zur Kommunikation geschaffen werden, die die genannten Ziele noch unterstützen. Wir wollen die Feste der Spätaussiedler bei uns feiern,
so dass wir deren Traditionen kennenlernen, aber auch deutsche Feste sollen gefeiert
werden, damit die Spätaussiedler diese kennenlernen. So sollen die verschiedenen Kulturen in gemütlicher und ungezwungener Atmosphäre zusammenkommen.
Frage 2:
Der Kinderschutzbund hat sich u.a. die Bekämpfung der Kinderarmut auf die Fahne geschrieben. Warum hat Deutschland als Wohlstandsnation immer noch einen Kinderschutzbund nötig?
Es gibt noch zu viele Kinder, die unterhalb der Armutsgrenze leben. Gerade in unserem Einzugsbereich leben viele Harz IV-Familien. Diese haben oft nicht die Möglichkeit, ihren Kindern eine vielseitige und abwechslungsreiche Freizeit zu geben. Dagegen wollen wir etwas tun. Wir bieten diese Möglichkeit und zeigen ihnen auch, wie sie die Freizeit der Kinder kostengünstig gestalten können.
Eltern brauchen oft schnellen und unbürokratischen Rat und Hilfe! Dies ist in unserer Gesellschaft leider nicht immer zu realisieren. Bei vielen Ämtern und Behörden benötigen
die Eltern einen langen Atem, wir unterstützen sie dabei und versuchen, oft schnelle und einfache Hilfe zu geben.
Kinder sollen in einer gesunden und liebevollen Umgebung aufwachsen. Auch hier wollen
wir die Eltern unterstützen. Mit Elternkursen, Kochprojekten, Sportprojekten etc. wollen
wir eine ganzheitliche Hilfe geben, um so negative Auswirkungen auf Gesundheit, Selbstbild, Selbstwertgefühl und Wohlbefinden zu verhindern.
Die Chancen auf einen guten Bildungsabschluss und die Entwicklung kognitiver und sozialer Kompetenzen wollen wir ebenfalls stärken. Dazu arbeiten wir eng mit vielen Ämtern, Vereinen und Einrichtungen zusammen. Wir haben Kooperationsverträge mit Kindertageseinrichtungen oder Schulen, um eine optimale Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Frage 3:
Und: Hat sich die Lage der sozialschwachen Kinder aus Ihrer Sicht seit der Finanzkrise verschlechtert?
Die Kinderarmut geht zurück aber nur regional.
In unserem Landkreis Börde sind 20% der unter 15-Jährigen arm. Der Anteil der unter
3-Jährigen ist noch höher!
Frage 4:
Zur Rettung von globalen Banken wurden Millionen investiert. Wie sieht es aus mit Ihren Finanzen – woher kommen Ihre finanziellen Mittel?
Wir finanzieren uns hauptsächlich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden der Volksbank, Bußgeldern der Kommunen, Zuschüsse der Stadt, des Landkreises und dem Land. Projektgelder von verschiedenen Trägern oder Stiftungen unterstützen unsere Arbeit sehr. Leider fehlt uns bisher ein sicherer Geldgeber für die ständigen Kosten, wie Miete, Strom, Wasser, Müll etc. Wir müssen jeden Monat sehen, dass wir über die Runden kommen. Leider können über die verschiedensten Projekte keine laufenden Kosten abgerechnet werden. Weiterhin ist für fast jede Geldeinnahme eine Abrechnung zu erstellen. Dies ist meist sehr zeitaufwendig. Da der Kinderschutzbund KV Börde nur mit einer Feststelle (37 Wochenstunden) besetzt ist, fehlt leider oft die Zeit, die wir dringend benötigen, noch aktiver in der Region zu werden. Die Angestellte, die Projektmanagerin und viele freiwillige Helfer sind sehr viel mit Bürotätigkeiten beschäftigt. Diese Zeit fehlt dann für eigentliche Arbeit mit Eltern und Kindern. Das heißt, die Arbeit wäre noch effektiver, wenn die Bürokratie weniger wäre und mehr ausgebildete Erzieher unsere Arbeit unterstützen könnten.
Frage 5:
Mitarbeiter der Volksbank Helmstedt eG haben anlässlich Ihres Jubiläums an Sie gespendet. Wie kam es dazu? Was haben Sie mit der Bank eigentlich zu tun?
Ich arbeite bereits seit über 10 Jahren mit der Volksbank zusammen. Nicht nur im Kinderschutzbund, sondern bereits auch in meinem vorherigen Projekt, der „Jugendmühle“. Daher besteht bereits eine sehr langjährige Verbindung zur Volksbank. Immer wieder habe ich durch sie und ihre Mitarbeiter Unterstützung für meine Arbeit mit Kindern und Eltern erhalten. Besonders lobenswert und einmalig empfinden es die Mitglieder unseres Vereins
und auch ich selbst, dass Angestellte der Volksbank Helmstedt eG auch privates Engagement zeigen und uns mit Spenden unterstützen. Auch andere Projekte werden durch sie und die Mitarbeiter begünstigt. Dafür Danke ich ihnen sehr!
Frage 6:
Hand aufs Herz. Sind diese Spenden aus Ihrer Sicht nur ein PR-Gag, um ein öffentliches Image zu polieren, von dem Sie profitieren? Oder steckt mehr dahinter?
Durch meine langjährige Zusammenarbeit weiß ich, dass die Volksbank Helmstedt eG kontinuierlich Projekte unterstützt und nicht nur einmalig als PR-Aktion. Sie ist zu den Einrichtungen und deren Engagement treu. Wäre es nur eine PR-Aktion, würden ihre Aktionen eine Eintagsfliege sein und auch nicht in der breiten Masse der Bevölkerung so positiv aufgenommen werden. Ein PR-Gag ist es auch deshalb nicht, weil die Mitarbeiter der Volksbank Helmstedt eG immer wieder vor Ort sind, prüfen und genau registrieren, was mit ihren Geldern geschieht. Ein PR-Gag ist es auch deshalb nicht, weil ein besonderer Wert auf die Nachhaltigkeit der Projekte gelegt wird.
Frage 7: Wie sieht es in Ihrer Region mit der Unterstützung durch Privatbanken aus.
Wir erhalten keine weitere Unterstützung durch Privatbanken.
Frage 8:
Die Volksbank Helmstedt eG hat eine Bilanz aufgestellt, in der sie zeigt, dass sie überdurchschnittlich engagiert ist. Was halten Sie grundsätzlich von der Idee, Regionalbilanzen aufzustellen?
Das ist eine gute Idee. So wird gezeigt, dass sich Institutionen und deren Menschen engagieren. Dies ist im doppelten Sinne effektiv. Soziale Einrichtungen werden durch ihre Institutionen gefördert und die Volksbank Helmstedt eG erhält durch dieses Engagement eine sehr positive Aufwertung. Sie erfahren, dass es sich lohnt, soziale Projekte zu unterstützen. Vielleicht gelingt es ja, ihrer Institution und uns mehr Werbung zu machen, so dass so beide Einrichtungen profitieren. Vielleicht werden dann noch mehr Institutionen Sponsoren, um selber diese Werbung zu erhalten und davon profitieren dann wieder die sozialen Einrichtungen. So kann ein gesunder Wettbewerb entstehen, von dem Jeder etwas hat.
Frage 9:
Einmal grundsätzlich gefragt: Was haben Sie so bei sich gedacht, als plötzlich Deutschlands Bewertungsplattform für gute Banken auf Sie zukam?
Ich habe mich gefreut, dass meine Arbeit auch über die Grenzen hinaus bekannt ist und sich jemand dafür interessiert. Die Arbeit ist wichtig, so dass ich mich über Jeden freue, der sie anerkennt und honoriert. Aber viel wichtiger ist für mich der Aspekt, dass ich einen kleinen Beitrag leisten kann, die soziale Ungleichheit für einzelne Familien erträglicher zu machen. Das persönliche und ehrenamtliche Engagement ist besonders in diesem Bereich für mich sehr beispielgebend. Ohne Hilfe Vieler wäre meine Arbeit im Kinderschutzbund nicht möglich. Ohne Unterstützung der Geldgeber könnten wir nicht so viele kreative Projekte gestalten. In der Kreativität unserer Projekte liegt die Arbeit mit den Eltern und Kindern. Aber wie sagt das Sprichwort „Ohne Moos nichts los!“ Und darum danken wir der Volksbank Helmstedt eG und ihren genauso kreativen Mitarbeitern. Bleiben Sie weiter an unserer Seite!
Vielen Dank!
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