claim von gute-banken

Die Altersvorsorge und die Finanzmärkte

Seltsam: Die WELT am Sonntag („Gestatten, Vogel Strauß“, 28.4.13) sinniert über das Verhältnis von Altersvorsorge und Finanzmärkten. Dabei fängt sie interessant an und kommt dann zu dem üblichen Schluss:

Zunächst wird die Situation ziemlich präzise dargestellt: Einerseits sinke die Rendite – und damit die wahrscheinliche Auszahlung am Ende des Vertrages – von Lebensversicherungen. Gleichzeitig würden „Politiker, Ökonomen und Versicherer“ immer lauter propagieren, dass die Deutschen sich aufgrund sinkender Rentenansprüche „mehr privat vorsorgen“ sollten. Nämlich indem sie noch mehr Geld in den Kapitalmarkt schieben – aber so steht das nicht in dem Artikel.

Wenn sie das machen würden, so das erste Fazit der WELT, würde das aber wahrscheinlich gar nicht helfen. Denn, so die WELT in einem beachtlichen Statement: „es läuft etwas grundsätzlich falsch in der privaten Altersvorsorge. Das Drama um die Lebensversicherung ist dabei nur ein Zeichen.“

Da wird man direkt neugierig und fragt sich: Was genau läuft denn falsch? Ist es die zu starke Orientierung an „die Märkte“ oder der zu firme Glaube an deren Integrität und Kundenorientierung? Naja. Man sollte nicht zuviel erwarten:

Nein, das eigentliche Problem, so seziert der Artikel, sei einfach: Alle, also „Versicherer, die das Geld ihrer Kunden anlegen, Firmen, die Mitarbeitern eine betriebliche Altersvorsorge anbieten, und vor allem auch die Sparer selbst“, würden in die falsche Richtung rennen. Und diese falsche Richtung sei schlicht, dass Sie alle „in einem Wahn vom Streben nach vermeintlicher Sicherheit“ gefangen seien. Das sei insofern fatal, als sie die private Altersvorsorge der Deutschen damit konsequent vernichten würden. Ja, früher, so sagt der Artikel, sei das ja noch richtig gewesen. Da seien diese Policen auch tatsächlich ein guter Weg der Vorsorge gewesen: sie brachten „regelmäßig Renditen, die deutlich über der Inflationsrate lagen, selbst nach Abzug der schon immer recht hohen Kosten.“

Aber heute? Ja, heute, so der Artikel, müssten eigentlich alle aufhören, nach Sicherheit zu suchen – und direkt in Aktien investieren. Vor allem die Lebensversicherer – aber natürlich auch die Sparer. Und das ist quasi die Quintessenz. Und diese Quintessenz wird durch eine Information „aus Insiderkreisen“ untermauert: Selbst die „Notenbanken rund um den Globus“ hätten ihre eigene Anlagestrategie still und heimlich radikal umgestellt und würden Milliarden in Aktien stecken.

Das ist natürlich eine zahlenmäßig korrekte, aber trotzdem fatale Logik. Um das mal einfach zu sagen: Erst wird der Glaube der Menschen und Institutionen an die dienende Funktion der „Märkte“ und an die Möglichkeit, ständiger Gewinnmaximierung als gedankliches Zentrum des Systems hochgejubelt. Dann wird er mehrfach enttäuscht. Und dann soll das System gerettet werden, indem es weiter alimentiert wird.

Vielleicht ist das ja der Grund, weshalb gerade die Deutschen die Sicherheit auch dann suchen, wenn sie dabei für einige Zeit rechnerische Verluste machen. Weil für sie das Menetekel der Ertragsmaximierung schon immer suspekt war. Wohl auch deshalb vertrauen sie ihr Geld trotz ultra niedriger Zinsen den Sparkassen und Genossenschaftsbanken an – weil deren oberstes Ziel eben nicht die Gewinnmaximierung ist…
weitere Einträge

Kommentare

Kommentare 

+5 # Autor 2013-04-29 13:01
Zu der Funktionsweise von "effiziente n Märkten" haben wir vor einiger Zeit mal ein schönes Interview geführt. Das liest sich immer noch aktuell?

www.gute-banken.de/gb/meldungen/13751-di...h-nicht- haltbar.html
Antworten | Antworten mit Zitat | Zitieren

Kommentar schreiben

Bleiben Sie bitte sachlich und themenbezogen in Ihren Beiträgen und unterlassen Sie bitte links- und rechtsradikale, pornographische, rassistische, beleidigende und verleumderische Aussagen.