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GROSSMACHT COMPUTER: Was Großanleger fürchten

Irgendwie schräge: Das ManagerMagazin („GROSSMACHT COMPUTER: Was Großanleger fürchten“, 11.11.13) schreibt über die Ergebnisse einer unter Großinvestoren durchgeführten Umfrage. Sehen wir mal davon ab, dass die Studie von "State Street" veröffentlicht wurde – also einem Unternehmen, das selbst ein Dienstleister für Investoren ist und etwas verkaufen will. Das Ergebnis der Studie ist auch ohne diese Feststellung drollig:

Sinngemäß heißt es da nämlich im ManagerMagazin: Viele Investoren hätten wohl Angst, mit der Geschwindigkeit des Hochfrequenzgeschäfts nicht mehr mitzukommen. Die Hochfrequenzhändler würden die „Börse in Angst und Schrecken versetzen“. Dankenswerterweise schreibt das Handelsblatt auch, was diese Angst auslöse: Die „IT-Power“ der Hochfrequenzhändler nutze „Bewertungsunterschiede an der Börse im Bruchteil einer Sekunde aus“. Das mache die Märkte unruhig.

Jetzt lassen wir den Zeitfaktor und die Angst vieler Investoren vor der Beherrschbarkeit von Big Data mal für einen Moment beiseite – und lesen nur dieses eine Wort:

„Bewertungsunterschiede“.

Was lehrt uns dieses? Es bestätigt wohl zunächst einfach das Problem: Die Börsen haben ihre dienende Funktion als Marktplatz für Unternehmensanteile und Finanzierer von Unternehmer verloren. Durch das Primat der Profitmaximierung geht es tatsächlich nicht mehr um den Wert und die Entwicklung von Unternehmen, sondern nur noch um in Sekunden gemessene und verglichene Wertunterschiede. Es wird nicht mehr investiert, sondern nur noch gedealt und gewettet. Vielleicht ist es ja in Wahrheit genau das, was manchen Investoren ein schlechtes Gefühl bereitet: Die Wetten werden gar nicht mehr von Menschen konstruiert, sondern in Sekundenschnelle von IT-Systemen und Algorithmen produziert. Und viele Investoren kommen dieser Entwicklung zum Teil nicht mehr so recht hinterher. Heute entscheiden Algorithmen. Die stärkere Regulierung macht dabei am Ende aber zunehmend die Menschen haftbar. Das macht vielen Investoren zu Recht Angst.

Was noch? Bekanntlich ist es ja immer gut, ein wenig tiefer zu graben: So kann man in der Originalmeldung von State Street („The Data Divide: Institutional Investors Split Between Leaders and Laggards on Turning Big Data to Smart Data“, 12.11.13) lesen: Die Gruppe der 400 befragten Geschäftsführer von institutionellen Investoren spalte sich in zwei Gruppen auf: „Data Leaders“ und „Laggards“. Data Leaders seien eben in der Lage, „Big data“ in „Smart data“ zu verwandeln. Weil sie dadurch „smarter, faster investment decisions“ treffen könnten als die Laggard / Nachzügler. Der Schluss des Lösungsanbieters Smart Street ist natürlich: Man muss kräftig in IT investieren. Sonst wird das nichts. Ob das tatsächlich die richtige Lösung ist? Naja.

Unser Schluss würde wohl ein wenig anders aussehen: Die These von den effizienten Märkten stößt wohl bald an ihre letzte Grenze. Sie basierte ja darauf, dass Märkte „effizient“ sind, weil jeder Marktteilnehmer alle Informationen jederzeit zur Verfügung hat und die Preise deshalb immer richtig sein müssen. Offenbar funktioniert das nicht mehr. Es gibt mittlerweile einfach zu viele Informationen.

Vielleicht bräuchte man ja wirklich wieder die heute oft geforderte „Wertpapierkultur“. Und vielleicht wäre diese neue Kultur einfach die alte Kultur, bei der es beim Investment Banking nicht primär um Profitmaximierung ging. Es ging dann einfach mal wieder darum, mit Geld gesellschaftlichen Nutzen zu stiften…
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